Über Malhirs Vergangenheit: Malhir vs Duskra - Part I
Mit einem Klos im Hals überflog Malhir die Südküste Selshadas. Es war der schönste Kontinent auf dem Planeten gewesen und Malhir selbst hatte hier gelebt, bevor die Dämonen ihn einnahmen. Er kannte noch die Schauplätze, an einigen hatte er selbst gekämpft, doch einer war ihm besonders im Gedächtnis geblieben. Er sah es noch vor sich, das kleine Dorf Tirien, eines der wenigen Dämonendörfer, mit seinen Marmorhütten, mühsam zusammengetragen und verarbeitet, weil ein paar junge Draconen das alte Holzdorf niedergebrannt hatten. Bei der Erinnerung musste er lächeln. Das Dorf mit seinen knapp hundert Einwohnern war die größte Lebensgemeinschaft gewesen, die die Draconen je gebildet hatten. Hier war ihr letzter Rückzugsort gewesen, hier hatte Katrina sich mit ihrer Streitmach verschanzt. Er erinnerte sich noch, an die Nachricht von einem Scharmützel ihm Süden. Sie hatten ihn mit einigen der besten Krieger weggelockt. Als er zurückkam, war keiner mehr am Leben gewesen. Eine Träne rollte ihm über die Wangen und wurde vom Wind davongetragen, um irgendwo in diesem Endlosen Ödland zu Boden zu fallen. Malhir wusste, dass Tirien noch stand. Nach dem Sieg über die Draconen hatte Sie es zu ihrem Wohnsitz erklärt. Duskra, dieses Scheusal, die Dämonin, die den Hinterhalt gestellt hatte.
"Du hast mein Volk auf dem Gewissen", murmelte Malhir, während in seinem Kopf ihr schrilles Lachen hallte.
Er flog um die Bergkuppe und erblickte das Dorf. Beim Anblick der Häuser wurde ihm schwer ums Herz. Es sah fast so aus, wie vor dem Fall und es war fast, als würde er von einem weiteren Scharmützel nach Hause zurückkehren, wo Katrina und die anderen auf ihn warteten. Doch er wusste, dass es nicht so war. Doch das war auch nicht wichtig. Das einzige, was zählte, war Duskra. Ihr Leben musste ein Ende haben, es wurde Zeit, die Draconenjägerin zu jagen. Mit grimmiger Entschlossenheit landete er in den Wäldern vor dem Dorf und machte sich auf den Weg. Es war Nacht, aber trotzdem würden wohl viele Dämonen wach sein. Sie schliefen kaum, wie auch er selbst. Als erstes zog er alle Helligkeit aus der Aura und ließ das Dunkle erstrahlen. Wieder einmal hasste er sich bei dem Gedanken, dass er tatsächlich eine Dämonenaura besaß, er musste sich nichtmal dafür verstellen. Er lief durch eine verlassene Gasse auf den großen Schrein am Ende des Dorfes zu. Auch wenn das elegante Gebäude in seiner Größe nichtmal mit den Häusern der Mittelschicht in Dulluas mithalten konnte, war es wunderschön. Hier war der Thron des Königs der Draconen, hier war sein Thron. Obwohl ihm nie viel daran gelegen hatte verspürte er einen starken Hass in sich aufsteigen wenn er daran dachte, wie die Verräterin aus purem Spott auf dem Thron seines Vaters saß. Malhir kannte sich zwar nicht mit Dämonenrängen aus, doch er wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass sie keiner ihrer Könige oder Fürsten war. Zumindest war sie es nicht gewesen, als er sie das letzte Mal gesehen hatte. Sie war hinterhältig und mächtig, wie kaum einer des finsteren Volkes, doch in erster Linie war sie eine Kriegerin und wenn sie sich auf einen Thron setzte, dann nur um den Besitzer zu verspotten. Ohne viel darüber nachzudenken stieß er die Tür zum Palast auf. Zwei niedere Dämonenkrieger hoben ihre Waffen und sahen den Eindringling fragend an, doch bevor sie erkennen konnten, dass vor ihnen kein Dämon stand, lagen sie beide auf dem Boden, ihre Schwerter ragten wie Wegweiser aus ihren Gesichtern auf. Malhir zischte voller Abscheu, während er die Stufen hinaufrasselte. Der Thron war unbesetzt, als eine rauchige Stimme rechts von ihm ertönte, die er sofort erkannte:
"Lakore, wie schön dich hier zu sehen. Ich hatte mich schon gefragt, wann du mich mal wieder besuchen kommst..."
Er fuhr herum und beim Klang der Stimme spürte er eine Gänsehaut über seinen Rücken kriechen. Es war unsinnig vor ihr Angst zu haben, sie war ihm nicht ebenbürtig, aber dennoch stammte so viel Leid in seinem Leben von dieser einen Dämonin, dass sie ihm widerstrebend Furcht abverlangte. Auf ihrem Gesicht lag dieses irritierende starre Lächeln und Malhir fragte sich, ob sie wohl Angst vor ihm hatte. Vermutlich sah sie als Frau sogar gut aus, doch er sah in ihr nichts anderes, als Leid. Sie trug, ungewöhnlich für Dämonen, ein langes Gewand, dass aus vielen glitzernden Teilen in verschiedensten Farben zu bestehen schien, die im Kerzenlicht der Halle geisterhaft funkelten. Malhir konnte einen Aufschrei des Zornes nicht zurückhalten, als die Erkenntnis kam. Die Dämonin hatte, als sie seine Ankunft spürte, ein Gewand aus Drachenschuppen angelegt. Unweigerlich fragte er sich, ob eine Schuppe seiner verschwundenen Gefährtin dabei war und er rang um seine Fassung während er spürte, wie sich einzelne Tränen den Weg über seine Wangen kämpften. Es war zu viel, es war einfach zu viel.
Mühsam riss er sich zusammen:
"Duskra", rief er mit etwas zittriger Stimme
"ich sehe, du hast dich für den Tod schick gemacht."
Während er sprach wurde seine Stimme fester, doch innerlich kochte er. Er spürte, wie die dunkle Macht in ihm an ihren Fesseln hielt, von nichts anderem gehalten, als einem magischen Schwur, den er zu halten gelobt hatte.
Scheinbar überrascht blickte Duskra an sich herunter und ein breites Grinsen schlich sich über ihre Züge:
"Schick, nicht? Warum bist du hier?", sie sah ihm herausfordernd in die Augen.
"Das ist eine gute Frage. Ich denke, zuerst werde ich dein Leben zerstören, so wie du das meine zerstört hast.Wenn du lieben könntest, würde ich dir alles nehmen, was dir etwas bedeutet, so wie du mir mein Volk genommen hast..."
Duskra verzog den Mund:
"Ach vergessen wir das doch. Wie heißt du eigentlich im Moment? Gibt es überhaupt noch Jemanden außer mir, der deinen Namen kennt? Kennt der Rat ihn, kennt ihn dein Lehrling, dieses kleine Mädchen? Ich habe sie gerade mit Magie beobachtet. Ihr wurde die Hüfte aufgeschlitzt, doch ich konnte es nicht weiter beobachten, weil du mich unterbrochen hast. Ein Jammer!"
Sie wollte ihn provozieren, ohne Frage, was für einen Zweck verfolgte sie damit? Er wusste, dass sie log was Akira anbelangte, doch was brachte es ihr, seinen Hass zu schüren? Auf jeden Fall gelang es ihr. Er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen, ohne zu antworten.
Unbeirrt fuhr Duskra fort:
"Du warst immer zu schwach, Lakore. Als du damals die Waffe geschaffen hattest, da habe ich dich das erste Mal bewundert. Ich gebe ehrlich zu, dass ich dich immer für deine Schwäche verachtet habe, doch du hattest dich verändert. Du hast gekämpft und getötet, wir sind zu dutzenden unter deiner Hand gefallen. Du hattest die Chance, diesen Krieg zu gewinnen, Lakore, doch du warst zu feige. Dein Volk ist wegen deiner Feigheit gestorben, weil du es nicht ertragen konntest, uns mit dieser Macht zu töten."
Wieder kniff Malhir die Augen zusammen. Sie wusste, dass sie getroffen hatte, er hatte sich selbst oft diese Frage gestellt. War es seine Schuld?...
"Das was du Schwäche nennst", antwortete Malhir, plötzlich von einer merkwürdigen Ruhe ergriffen
"ist genau das, was uns unterscheidet. Du tötest, weil du Spaß daran hast. Für dich hat nichts und niemand einen Wert, außer dir selbst und das Leid Anderer ist deine einzige Freude. Wenn ich auf eines in meinem Leben stolz bin, dann darauf, dass ich nicht so geworden bin, wie du."
Er breitete die Arme aus, während er lange Klauen ausfuhr, und jetzt konnte sie ihn zum ersten Mal lächeln sehen:
"Meine liebe Duskra, ich werde dich jetzt töten!"
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Ein bisschen mehr über Malhir.