Dantes kurzfristig gewonnene Fassung machte schnell wieder einen Abgang, als Scarlet ihr Flirten intensivierte. So sehr, dass er, als sie ihn langsam aus ihrem Griff befreite, in sich zusammensank und damit mit seinem Gesicht direkt auf einem gewissen Paar Kissen landete. Florence hatte sichtlich Schwierigkeiten, lautes Gelächter zu unterdrücken, und zog ihren Bruder am Fuß, um ihn aus dieser fragwürdigen Position zu befreien.
Korina wusste nicht, was sie von dieser seltsamen Frau halten sollte. Als nächstes redete sie nämlich über ein "Loch" voller böser Forscher. Das klang ziemlich verrückt, so etwas einfach zu sagen, aber zugegeben, Scarlet selbst schien ziemlich verrückt zu sein. Niemand würde einfach so eine solche Geschichte erfinden. Und Korina wusste ja auch anhand von Rhord, dass es böse Forscher, die Menschen gefangen hielten und folterten, wirklich gab und nicht nur in Schauermärchen. Jedenfalls wollte sie die Szene eben am liebsten vergessen, da traf es sich gut, dass Scarlet wieder auf ihren Schützling Siradda acht geben wollte.
"Dann komm mal mit, Scarlet. Aber ich sags dir, auch ohne Sekte ist Dante und seinen Kohorten nicht zu trauen. Sie sind nur eine Familie von Mördern und Verbrechern. Sie würden dich gleich wieder in so ein "Loch" stecken, wenn's ihnen einen Vorteil brächte."
Auf dem Weg zurück zur Trainingshalle war Dante aufgrund von Scarlets weiterem Necken nicht zum Sprechen fertig, da sprang Florence für ihn ein, sehr zur weiteren Folter ihres kleinen Bruders.
"Oh ja, mein Bruder hat was für Rotschöpfe mit Oberweite. Und er hat kaum Erfahrung mit Frauen, die nicht mit ihm verwandt sind, da ist es nur natürlich, dass er sogleich übermannt ist, oder besser gesagt, überfraut." Sie musste dabei Dante stützen, der das Gesicht in den Händen versunken hatte. Trotz ihrer geringen Größe schaffte Florence es irgendwie.
Gerade zu ihrer Ankunft an der Trainingshalle hatten sich die Sturmwolken wohl endlich ausgeheult. Im Licht der Straßenlaternen erblickte man eine herzerwärmende Sicht: Lauriam, der Siradda innig umarmte, wie ein Vater, der seine Tochter wieder gefunden hatte. Soweit schien alles in Ordnung zu sein. Korina bemerkte auch Theo.
"Wie du siehst, ist Siradda gesund und munter. Was ist mit den Indignitos, müssen wir uns noch um die Sorgen machen?"
=================================================================
Beim Gehen ließ sich Genevieve ein Stück zurückfallen, sodass sie Rhord näher kam und trotz des Regens hören konnte, was er so sagte. Anscheinend interessierte Indignito sich speziell für Siradda, und nicht für die anderen Dämonen unter den Schwingen. Aber natürlich würde die Organisation für ihr Ziel über die Leichen von Siraddas Begleitern gehen. Außerdem schien dies nicht Siraddas erster Körper zu sein.
"Indignito ist vor allem am Profit interessiert. Wenn sie speziell auf Siradda zielen und nicht auf ihre Artgenossen in eurer Gruppe, dann besitzt sie etwas sehr wertvolles. Und es ist nicht etwas, das sie einfach hergeben kann, damit man sie in Ruhe lässt."
An der Leiche angekommen tat Genevieve es Rhord gleich und verwandelte sich. Anders als beim letzten mal, wo sie ihre Kleidung nicht in der Geisterwelt verstaut hatte, für den Fall, dass jemand vorbei kam und umgehend eine Dämonin sah, zeigte sie jetzt, da sie sich hinter dem Schleier einer Illusion befand, ihre ganze Dämonengestalt. Aus Dunkelheit formte sie zwei große scharfe Messer und reichte eines davon Rhord, um das Zerlegen des Leichnams zu erleichtern. Bei ihrem eigenen Mal nahm sie sich vor allem vom Herz, den Nieren und der Leber des Toten. Organe sind reich an Energie, perfekt für eine alte Dämonin wie sie, und in ihren Augen waren sie auch der schmackhafteste Teil des Körpers. Nach dem Verzehr des leckeren Mahls wusch sie sich mit Regenwasser die Hände, und verwandelte sich zurück.
Als Rhord sich anschließend verabschiedete, sagte sie ihm hinterher.
"Das werden wir wohl. Hoffen wir, dass es friedlich ausgehen wird." Das bezweifelte sie nachdem, was sie von Korinas Einstellung zu ihrer Familie gehört und gesehen hatte. Dann setzte sie endlich ihren Gang zu ihrem Zielort fort. Wie gut, dass sie so früh los gegangen war, so war sie trotz der Ablenkung mit Korina und dem unerwarteten Abendessen noch im Zeitplan.
===========================================================
Genevieve war nicht die einzige, die sich einer Illusion bediente. Weiter oben in der Häuserschlucht, an einer dunklen Wand, hatte sich der Falsche Rabenteufel verborgen. Nicht nur optisch hatte sie sich versteckt, mit Dunkelmagie hatte sie sich auch gegen magische Ortung abgeschirmt. Sie war eigentlich nur zufällig in diesem Teil der Stadt gewesen, hatte aber beschlossen, sich länger hier aufzuhalten, als sie gemerkt hatte, wie Korina näher gekommen war. Und so hatte sie bei der Szene zwischen Korina, Scarlet, Genevieve und der Dämonin mitbekommen. Jetzt kannten sich ihre Zielperson und diese Frau mit dem sehr interessanten Leiden, das wurde ja immer besser. Sie würde da noch ihren Spaß damit haben... aber jetzt nicht. Genevieve und Rhord beim Essen zuzusehen, hatte sie hungrig gemacht, und sie wollte eine frische Leiche, keinen zernagten Kadaver, von dem sich schon drei andere Dämonen genommen hatten. Sie bewegte sich durch die oberen Teile der Gassen fort. Geflügelte magische Wesen, wie der falsche Rabenteufel, mussten sich zum Fliegen nicht allein auf auf ihre Schwingen verlassen. Aus Gründen, die bisher kein magischer Wissenschaftler hatte klären können, erhielten magische Lebewesen, die Flügel besaßen, auch die Kraft der Levitation, um leicht genug zum Fliegen zu werden. Die Flügel waren wichtig, um Geschwindigkeit aufzubauen und zu manövrieren, aber der Rabenteufel nutzte ihre Schwebemagie, um sich weder am Boden noch über den Dächern, wo man sie leicht sehen konnte, fortzubewegen, stattdessen lief sie einfach an den Wänden entlang wie ein Parkour-Künstler. Zum Glück hatte es inzwischen zu regnen aufgehört, sonst wäre das ganz schön mühselig.
Schon bald fand sie ein Ziel. Ein lecker aussehendes weißhaariges Mädchen. Ungehört näherte der Rabenteufel sich und stürzte dann auf ihr Opfer herunter.
Und das Opfer zog einen Dolch, dessen Klinge sich in drei aufspaltete, und blockierte das Schwert ihres Angreifers.
"Oh, was für ein Glücksfall." sagte Sabeth aufgeregt.
"Ich hatte gehofft, das böse Mädchen zu bestrafen, das einfach so meine Lieblingscousine nachäfft, aber gleich in der ersten Nacht, nur wenige Stunden nach den ersten Gerüchten über Morde in den Seitengassen... ich bin so ein Glückskind."
___________________________________________________
@Soren: @Tobi: