Noch immer war der Laden gut besucht und niemand achtete auf ihn. Doch dieses Mal achtete Arion auch darauf, nicht beachtet zu werden. Mit Hilfe einer Spiegelung tarnte er sich, nun würde er nur sehr schwer zu sehen sein und nur, wenn man ihn direkt suchte. Auf diese Art und Weise getarnt schlich er durch das Geschäft, immer auf der Suche nach dem Buch.
Er entdeckte einen Vorhang, der anscheinend einen kleinen Bereich des Geschäftes abtrennte. Neugierig bewegte er sich darauf zu. Hier standen kaum Kunden und die Regale waren etwas eingestaubt.
Der Vorhang war aus einem schweren Stoff und Arion sah sich gründlich um, ehe er ihn vorsichtig beiseite schob. Überrascht blieb er stehen. Hinter dem Vorhang befand sich kein ganzer Bereich, sondern nur ein kleines Regalfach, in dem ein einzelnes Buch stand... Maiaphorsis. Es sah schlicht aus, hatte einen dunklen Einband und wirkte äußerlich auch sonst in keiner Weise besonders - doch Arion spürte die Macht, die von diesem Buch ausging. Sofort griff er danach, wie in einem Rausch bewegte seine Hand sich darauf zu... und erstarrte. Seine Hand wurde festgehalten, eine unsichtbare Wand schloss sie ein und ließ sie nicht mehr frei, vergebliche zerrte und zog Arion. da hörte er Schritte hinter sich und eine eiskalte Stimme. "Wusste ich es doch?"
Einen Augenblick später wurde alles schwarz.
Als Arion wieder aufwachte, saß er auf einem Stuhl in einem kleinen Raum. Ihm gegenüber saß der Inhaber des Buchladens, doch er sah wie verwandelt aus. Er wirkte größer, mächtiger und besaß eine Aura, die Arion innerlich zusammenzucken ließ. "Du bist also wach", stellte er ohne Umschweife fest. "Du bist wirklich stark, die Sonne steht noch fast so hoch wie vorhin." Also war er wirklich nur kurz weg gewesen. Arion schauderte es. Was würde der Mann nun mit ihm machen? Schließlich war er einfach so eingebrochen um ein unermesslich wertvolles Buch zu stehlen.
"Du solltest mir dankbar sein, Arion. Es war nicht leicht, den Bann zu brechen, der deinen Geist einschloss." Was? Wovon redete er da? Arion verstand gar nichts mehr. Doch der Mann setzte schon zu einer ausführlichen Erklärung an. "Der Zwerg, mit dem du heute Mittag gesprochen hast, ist ein gesuchter Verbrecher, einer der mächtigsten Runenmagier dieses Teils der Welt. Er ist dafür bekannt, dass er wertvolle Bücher hortet und seine Spezialität war es schon immer, die Gedanken anderer zu manipulieren, um sie zu kontrollieren und somit selber nicht in Gefahr zu geraten. Schon als du sein Geschäft betreten hast, warst du seinem Bann verfallen. Doch er hat zwei große Fehler begangen, zwei Fehler, weswegen ich ihn nun endlich finden konnte. Du musst wissen, ich bin Aurun, ein Agent der Magiergilde und dazu ausgebildet, Verbrecher zu fangen, die... schwer zu fangen sind.
Der Zwerg rechnete nicht damit, dass das Buch so gut geschützt werden würde, das war sein erster Fehler. So wurdest du an deiner Tat gehindert. Sein zweiter Fehler war jedoch ein noch viel größerer. Er hat dich unterschätzt. Du bist ebenfalls Runenmagier, das habe ich an deiner Tarnung erkannt und offensichtlich war es deine mentale Kraft, Arion, die den Bann über dir zurückgehalten hat. Normalerweise ist es den Opfern des Zwerges nicht möglich, sich an irgendetwas zu erinnern, auch nicht an den, der ihnen den Auftrag erteilt hat. So war es mir bisher unmöglich, diesem Verbrecher auf die Spur zu kommen.
Doch du konntest dich erinnern und während du für kurze Zeit bewusstlos warst, habe ich die Informationen aus deinem Kopf gefiltert. Nun ist der Rest nicht schwer, denke ich."
Arion war noch immer vollkommen perplex. Gleich zwei Leute hatten in seinem Kopf herumgespuckt und er hatte es nicht gemerkt, geschweige denn verhindert? Sein Selbstvertrauen war stark erschüttert. "Was heißt das jetzt? Was passiert mit mir?", wollte er von dem Agenten der Magiergilde wissen.
"Du kannst gehen. Ich bin mir sicher, hättest du nicht unter dem Bann gestanden, hättest du niemals das Buch zu stehlen versucht und schließlich ist alles noch einmal gut gegangen. Und glaub mir, du wirst noch stärker werden, ich habe das Gefühl, wir werden uns eines Tages unter anderem Umständen wiedersehen... lass dir das, was heute passiert ist, eine Lehre sein und denke gut darüber nach. Es wird dir eine wertvolle Erfahrung sein."
Mit diesen Worten war Arion entlassen. Nachdenklich wanderte er ohne konkretes Ziel über die Straßen der Stadt. Noch immer zweifelte er an seinen Fähigkeiten, doch er spürte, dass der Agent recht hatte. Er hatte heute etwas wichtiges gelernt und das würde ihm in Zukunft sicherlich behilflich sein.