Es war immer merkwürdig, auf diese Weise mit einem Geist zu sprechen. Es fühlte sich nicht an wie Worte, die man durchs Ohr wahrnahm, sondern wie Gedanken, die nicht zu der Stimme passten, mit der man selbst dachte. Es fühlte sich falsch und invasiv an, und war einer der Gründe, warum Florence keine Geister mochte. Wenigstens kam Iria schnell zum Punkt.
"Ja, ich lege dieses Versprechen ab. Mein Bruder, Dante Jesziary, soll ebenfalls den Bedingungen dieses Versprechens unterliegen. Im Falle seines Versagens werde ich dafür haften." Dante wollte sich beschweren, sie hatten nicht abgemacht, dass Florence diese Gefahr alleine auf sich nehmen würde, aber ihr kalter Blick brachte ihn zum Schweigen.
Nun, da beide Parteien ihre Vertragsbedingungen ausgesprochen hatten, war er auch schon abgeschlossen. Florence fühlte sich, als würde sich eine schwere Kette um ihr Herz binden. Wenn man einen Pakt mit einer Fee einging, so belegte diese den Vertragspartner mit einem speziellen Fluch: Dem Geis. Ein Geis aufzuerlegen, ist die einzigartige Fähigkeit der Feen, und das, was sie von anderen Arten von Geistern unterscheidet. Die einzigen Geister, die etwas ähnliches vollbringen können, sind Dämonengeister, die auf ähnliche Weise einen Pakt mit Menschen schließen können. Wenn der Vertragspartner sein Versprechen brach, übertrug das Geis sofort das Eigentum des Pfands an die Fee. Doch es schützte den Vertragspartner auch vor Betrug durch die Fee, denn es ließ ihn oder sie wissen, dass der Vertrag noch galt und man den Pfand nicht zahlen musste - ansonsten könnten trickreiche Feen ihren Vertragspartnern weis machen, sie hätten bereits Vertragsbruch vergangen und sie dazu überreden, Seele oder Stimme freiwillig abzugeben.
Nun, da der Pakt geschlossen war, nahm Florence eine der Kerzen und pustete sie aus. Iria wurde prompt in die Geisterwelt verfrachtet, als die Magie des Kreises unterbrochen wurde. Eine Seance stellte zwar eine Leitung her und ließ einen Geist in den Kopf eines Menschen, doch der Geist betrat den Körper nicht tatsächlich, weswegen der Kontakt mit dem Ende der Seance abbrach. Nur, wenn während des Gesprächs eine bestimmte Art von Bindung erzielt wurde, nämlich der Dämonenpakt, wurde der Geist tatsächlich in die Materielle Welt gezogen und der Mensch zu dessen Gefäß.
Es war nur kurz gewesen, aber einen Geist im Kopf zu haben, war nie angenehm.
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Als die Gruppe nach Claires Verhör den Raum verließ, begrüßte sie ein höchst seltsamer Anblick: Ein Junge, bestimmt nicht älter als 14, saß seelenruhig schlafend in einer Ecke, tief in einer Basis der Schwarzen Hand. Lauriam weckte ihn auf. Der Junge stellte sich als Dobutsu vor und wurde von Lauriam als "Monster-Dompteur" beschrieben.
Amen stellte die Frage, die ihnen wohl gerade allen auf dem Herzen lag: Wie kam jemand, der noch nicht mal in der Nähe des Erwachsenenalters war, zu einer Verbrecherorganisation?
"Ich heiße Korina Grausee." stellte Korina sich vor, und wartete dann erst einmal auf die Antwort des Jungen.
Es waren Schritte von der Treppe zu hören, und kurz darauf stießen Dante und Florence zu ihnen.
"Ihr seid schon fertig mit dieser Sache?" fragte Dante. Ihm hatte man nicht gesagt, worum es ging, war schließlich Teil der Abmachung, dass sie ihre Nase nicht zu tief in die Angelegenheiten der Schwingen steckten, allerdings konnte er sich denken, dass es um die Seele dieser Ritterin ging, die Lauriam Korina anvertraut hatte.
"Jedenfalls haben wir den Pakt geschlossen."
Florence stand hinter ihm. Sie schien sich ein wenig zu verstecken, was durch die übergezogene Kapuze und den gesenkten Kopf betont wurde. Ihr Stofftier drückte sie fest an sich.
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