Der Kapitän des Grünen Wals war früh im Kampf verletzt geworden und dann auf Empfehlung seines Ersten Maats hin unter Deck gegangen, da die kämpferischen Passagiere dort auch ohne ihn klar kamen, die Crew jedoch seine Koordinationsfähigkeiten brauchte, um die weniger Kampfbereiten Passagiere in Sicherheit zu bringen und das Schiff vom Sinken abzuhalten. Jetzt, da mit der Seeschlange das letzte Monster besiegt worden war, kam ein Schadensbericht. "Käpt'n, die Seemonster haben zahlreiche Lecks geschlagen, mehr, als wir auf die Schnelle flicken könn'. Noch behelfen wir uns mit den Pumpen, aber die Leute in den Tretmühlen halten das nicht ewig aus. Wär am besten, wenn wir das Schiff den Strand hinaufziehen könnten, um alles von außen zu flicken."
"Das gefällt mir nicht." antwortete der Kapitän. "Wir sind jetzt schon gefährlich nah an der Küste von Branlahr, wenn wir erwischt werden, wie wir an Land gehen, sitzen wir fest... hm, was ist da draußen los?"
Inzwischen waren schon wieder einige Matrosen an Deck gekommen, sie probierten sich daran, die riesige Schlange vom Deck zu hieven, oder gingen auf die anderen Piratenschiffe, um sicherzustellen, dass dort keine Seeräuber mehr lauerten, und um mögliche Geiseln zu befreien. Doch jetzt blickte niemand auf Schlangen oder Schiffe, alle Augen waren zum Himmel gerichtet. Von der Küste Branlahrs flog ein riesiges Wesen elegant auf sie zu.
Das Geschöpf hatte azurblaue Schuppen, einen langen, schlangenähnlichen Körper, und zwei paar riesige Flügel, die den Flossen eines wunderschönen Fisches ähnelten. Über seinen Rücken zogen sich algengrüne Haare. Sein Kopf ähnelte dem eines Krokodils, aber die Augen waren verhältnismäßig größer, aus der Stirn befanden sich zwei krumme Hörner, die konvex auseinander wuchsen, und am Kinn wuchs ein Bart in der gleichen Farbe wie das Rückenfell.
Rasant kam der Wasserdrache auf sie zugeflogen, doch dann bremste er ab und landete elegant auf dem Deck des backbordseitigen Schiffs. Leo, Nakoa und Lauriam, die dort standen, konnten die zierlichen Arme und Beine erkennen, die nun den riesigen Drachen trugen.
"Es besteht kein Grund zur Furcht, Menschen. Ich möchte mit eurem Kapitän sprechen." sagte der Drache mit einer großväterlichen Stimme, ohne den Mund zu bewegen. Einige der Dunklen Schwingen hatten dies schon bei Juna erlebt: Er sprach mit seinen Gedanken direkt in ihre Köpfe. Aber es war viel intensiver und durchdringender als alles, was Juna je "gesagt" hatte. Trotz des freundlichen Tons war klar: Dieses Wesen war Normalsterblichen bei weitem überleben.
"Aber zuerst..." Plötzlich senkte er seinen Kopf zu der Wasserfläche zwischen dem Grünen Wal und dem Piratenschiff, auf dem er stand. Im Meer waren fast nur tote Körper, aber zwei Herzschläge konnte er klar durch die Wellen vernehmen.
Sein Kopf tauchte ein, und schnell fand er die Quellen der Herzschläge. Eine sinkende, wohl bewusstlose Frau und ein Mann, der verzweifelt hinter ihr herschwamm. Der Drache öffnete sein Maul und sog damit Wasser an - und die beiden Menschen. Als Rhord im Drachenmaul ankam, spürte er, wie Wasserdruck eine Art Polster formte, der ihn vor den spitzen Zähnen des Drachen schütze. Nun, da er die beiden fest im Griff hatte, holte der Drache wieder den Kopf aus dem Wasser und ließ die beiden Menschen auf dem Deck des Grünen Wals nieder, das fließende Wasser spülte sie behutsam aus seinem Maul heraus und auf den hölzernen Untergrund.
Als der Drache jetzt einen genaueren Blick auf die beiden warf, die er eben gerettet hatte, fiel ihm etwas auf.
Hm, etwas an der Aura dieses Burschen ist merkwürdig. Könnte es sein, dass er...?
Korina war in der Tat bewusstlos, bestimmt hatte sie vor Schreck über die Ergreifung durch die Sirene Wasser geschluckt.
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@Tobi: @Soren: @Raisen:
Nochmal ne Out-of-Story-Notiz über das Aussehen des Drachen: Mit seinem Schlangenkörper und kurzen Gliedmaßen ähnelt er mehr einem asiatischen Drachen als einem europäischen.