Amen machte seine Ansicht zwischen "gut" und "böse" klar und auch, dass er nicht nur das schlecht findet, was sie mit dieser Person gemacht hat, sondern auch seine Beteilligung an dem Tod des Fürsten. Ferner erklärte er, dass er nicht alles einfach so akzeptieren wird, was hier geschieht, aber auch, dass er es als durchaus möglich ansieht, dass sich die einzelnen gegenseitig verraten werden, wenn es ihnen selbst am meisten nützt. Siradda konnte darauf nur kopfschütteln. "
Und ich werde das erst glauben, wenn ich es sehe. Nenn das jetzt ruhig naiv, aber dann bin ich das eben... Und was "gut" und "böse" angeht, da gebe ich dir nur teilweise recht! Ja, man kann nicht einfach das eine mit dem anderen ausgleichen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man es nicht dennoch versuchen sollte etwas zu tun, was man als "gut" empfindet, selbst wenn man davor etwas "schlechtes" gemacht hat. Aber ich denke auch, dass man dennoch zwischen "gut" und "böse" unterscheiden kann, über das rechtfertigen der eigenen Taten hinaus! Es ist auch ein moralischer Kompass für einen selbst! Würde jeder aufhören da zu unterscheiden... ich mag mir gar nicht vorstellen, wie die Welt dann wäre... Daher finde ich es auch gut, dass du nicht alles einfach so akzeptierst, auch wenn ich es nicht gut finde, wie wenig Vertrauen du selbst in den Rest zu stecken scheinst..."
Das Streitgespräch kam zu einem Ende. Amen informierte den Rest, dass er gerufen werden soll, wenn sie weiterreisen und zu Siradda, dass er für ein Gespräch über Menhit offen wäre. Das war zumindest etwas aus der Sicht der Seelendämonin. Was sie über diese Frau vermutet könnte den weißhaarigen Jungen unter Umständen irritieren, aber wenn er es zumindest als Möglichkeit sehen kann, könnte ihn das in der Zukunft auch sich selbst helfen.
Siradda konnte selbst nicht genau sagen, ob "sie" nun bei Bewusstsein ist oder nicht. "Sie" ist jedenfalls soweit vernebelt und unterdrückt, dass sie all das hier machen kann, aber heißt das auch, dass sie selbst überhaupt gar nichts mehr mitbekommt. Es war zu hoffen, vorallem für die schlechten Zeiten, die mit Sicherheit kommen werden.
"
Nun, dann kann ich ihr wohl nur ein gutes Erwachen wünschen... und auch dann dafür sorgen, dass es auch so kommen wird. Zumindest soweit ich es eben kann."
In der Geisterwelt war Siradda indessen nun nicht weniger überrascht. "
I-ihr erster Körper? A-aber wie? Ich war zehn, als ich und Aella zu Dämonen wurden und bin danach nochmal gewachsen..." Das war so lange her, aber sie wusste, dass das so war. Aber wieso...
Zu ihrem Glück war Aella in solchen Fällen gerne mal besser informiert als ihre Schwester und konnte dies dann auch erklären. "
Erinnerst du dich, als wir mal so gut wie gar nichts zu essen bekamen, weil dieses Monster an uns irgendeinen Frust ablassen wollte? Soweit ich mich erinnere alterten wir wieder genau zur selben Zeit. "
Man merkte der Seelendämonin an, dass sie sich sofort daran erinnerte. "
Das war wirklich die schlimmste Zeit von allen... Ich war so sehr mit meinem Hunger beschäftigt, dass ich alles andere irgendwie ausgeblendet hatte. Aber du hast Recht wenn ich das richtig bedenke war ich nach dieser Phase größer geworden."
Das würde aber auch bedeuten... "
Das erklärt das mit Florence, aber wenn sie größer werden möchte müsste sie dann doch nur lediglich eine Zeit lang weniger essen als sonst, oder? Aber okay, ich werde dann versuchen sie in Ruhe zulassen, wenn sie deswegen nichts mit mir zu tun haben möchte."
Lauriam nickte Vada zu. "
Nett das von dir zu hören. Ich werde aufpassen, aber ich kann auch schonmal garantieren, dass ich ebenso nicht einfach zuschauen werde, sollte sie auf einem Einsatz dann trotz allem in Gefahr geraten. Aber das ist jetzt noch Zukunftsmusik. Erstmal muss sie überhaupt dazu bereit werden."
Rhord, der in der Zwischenzeit nur zuhören konnte, fand hier dann aber auch endlich wieder etwas, wo er mitreden konnte. Vorallem im Hinblick dazu, was Vada und Lauriam gerade beredeten, was ihm ja auch nicht entging. "
Na dann sollten wir schätze ich mal bald damit anfangen. Falls du einen Trainingspartner suchst stehe ich jederzeit bereit, vorallem wenn niemand anderes möchte und wenn ich mir dich so anschaue weiß ich schon wo wir anfangen sollten. Aber sag mal, was meinte Lauriam da eben mit diesem großen Vorteil und Nachteil?"
Siradda, die bei dem Angebot noch freudig lächelte, zuckte einen Moment später bei dieser Erwähnung zusammen. Musste er sich ausgerechnet diese Worte merken? "
I-ich weiß üüüberhaupt nicht wovon er redet! G-ganz und gar nicht!", erwiderte sie zusammen mit einem nicht überzeugenden Lachen.
Lauriam als auch Aella musssten schmunzeln, als die bis eben noch durch die ganze Aufregung so selbstbewusst wirkende Dämonin wieder in alte Muster zurückfiel. Die beiden nickten sich zu und der Spezialagent stand kurz darauf auf, während sich die Winddämonin hinter ihre Schwester in der Geisterwelt bewegte. "
Etwas, wo ich mir nicht im geringsten vorstellen kann, wie das wirklich wäre.", verkündigte er in die übrig gebliebene Runde in einem für seine Verhältnisse ungewöhnlichen schelmischen Tonfall.
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B-b-bit-tte nicht!", bettelte Siradda mit beiden Armen vor sich haltend, aber es sollte nichts nützen. In den Augen der beiden war es zu wichtig, dass die anderen über diese Schwäche, die zu einer Stärke werden kann, bescheid wissen mit all ihren Konsequenzen für Siradda, auch wenn ihr das unangenehm war
Nun verdeckte Aella in der Geisterwelt die Augen ihrer Schwester mit ihren Händen. Siradda begann zu zappeln, auf beiden Seiten, doch war nicht mehr in der Lage rechtzeitig zu erkennen, dass Lauriam die Kapuze nach hinten entfernte, worauf ein Zopf am Hinterkopf zum Vorschein kam - wo man bei genauerer Hinsicht oder gar beim anfühlen dessen merken konnte, dass dieser ein kleines herauswachsende Dämonenhorn verbergen sollte. Das zu zeigen war allerdings nicht sein Gedanke hierhinter, denn wie ein Reflex bedeckte die Dämonin nun das Paar Ohren ihres neuen Körpers. Darauf hatte es der Spezialagent abgesehen und ein behutsames hochziehen der Augenbinde zuerst auf Stirnhöhe und dann ganz von der Besitzerin weg, legte endlich ihre bisher verdeckten, wenn auch noch verschlossenen, Augen frei. Während dem ganzen blieb seinem gegenüber bis auf das Zappeln und das jetzige Verdecken und geschlossen halten ihrer Augen, komplett verteidigungslos.
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Sorry, aber du weißt selbst, dass du es nicht aufschieben kannst dich daran zu gewöhnen, wenn du wirklich zu uns stoßen möchtest. Da musst du nun durch.", erklärte der Anführer der Dunklen Schwingen ruhig und freundlich, wenn auch mit Spaß an der Sache. Die Seelendämonin zappelte einen Moment weiter, ehe sie langsam anfing sich zu beruhigen. Bedrückt seufzte sie einmal, ehe sie darauf einging: "
Naaaa gut. Kannst du zumindest die Dunkelheitohrenstöpsel so lassen?"
Ein Schnippsen später kannte die Seelendämonin die Antwort. Lauriam zog wie angekündigt was sowas anging keine Samthandschuhe an, soviel stand für sie nun fest. "
Und nun Augen aufmachen!" Aella entfernte sich nach dieser Aufforderung wieder von ihrer Schwester. Und wie sie bat, so geschah es auch: Nach einem kurzen Zögern konnten die übrig gebliebenden Schwingen Siraddas smaragdgrünen Augen zu Gesicht bekommen. Sie blickten nervös von einer Person zur nächsten, aber ab und an auch irgendwo anders hin, als würden sie ungewollt abdriften. Das war aber nicht die einzige Auffälligkeiten, denn nicht nur zuckte sie jedes Mal zusammen, wenn irgendwer in der materiellen Welt etwas sagte, mit jedem vergangenen Moment wirkte sie auch etwas kränklicher. Es dauerte nicht lange, bis sie sich nach diesen Augenbinden umschaute, die Lauriam in seiner Hand hielt. Doch selbst als sie diese erblickt hatte, konnte sie kaum zielgerichtet nach diesen greifen. Nicht nur das, auch in der Geisterwelt wirkte es so, als würde sie von da aus versuchen danach zu greifen, nur sah es aufgrund ihrer anderen Position dort so aus, als würde sie in die Luft greifen.
Das wurde nur noch schlimmer, als Lauriam sich ein paar Schritte von Siradda nach hinten entfernte. Die Dämonin versuchte dem zu folgen, doch sie konnte keinen geraden Schritt gehen. In der Geisterwelt wurde dies sogar noch getoppt, als sie sich auch dort in Bewegung setzte, nur um Momente später in Diana hineinzukrachen und nun sie es war, die mit Siradda auf dem Boden lag.
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Siraddas Sinne sind komplett mit denen ihres neuen Körpers verknüpft. Sie kann dadurch nicht nur fühlen, was mit diesem geschieht, sie riecht, schmeckt und vorallem sieht und hört auch alles was auf dieser Seite geschieht. Doch besonders mit den letzten beiden Sinnen hätte wohl jeder Verstand ein Problem, wenn dieser nur daran gewohnt ist auf einer Stelle etwas zu sehen oder zu hören. Sie dagegen muss nun die Eindrücke von zwei Seiten gleichzeitig verarbeiten. Würde sie es beherrschen könnte sie dadurch auch jederzeit von der Geisterwelt aus sehen, was in ihrem Rücken geschieht oder andersweitig eine zweite Perspektive sich zunutze machen. Aber jetzt... nun ihr sehts ja mit euren eigenen Augen. Sie kann mit beiden Augen offen noch nichtmal unterscheiden welchen Körper sie wann steuert, was sie aktuell nur kann, wenn sie auf einer Seite die entsprechenden Sinnesorgane bedeckt oder verschließt."
"
M-m-mir ist s-s-s-schlecht...", jammerte die mit ihren Nerven fertige Seelendämonin auf beiden Seiten, während sie in der Geisterwelt nun auf Diana lag und in der materiellen Welt nur durch das festhalten von Lauriam davor bewart werden konnte nun in einer Kettenreaktion gegen Vada zu fallen. Ihrem fertigen Gesichtausdruck konnte der Angeborene wohl gut entnehmen, dass sie sich derzeit ziemlich übel fühlen musste, im wahrsten Sinne des Wortes. "
Sie wird sich daran gewöhnen müssen, daher werde ich sie dazu zwingen innerhalb geschlossener Orten wie diesen öfters so herumzulaufen. Nur vor und während der Essenszeiten werden die wichtigsten Ausnahmen sein, damit der Rest von euch nicht wie jetzt potentiell in Mitleidenschaft gerät. Bitte habt Geduld mit ihr."
Und nur einen Moment später kam jemand durch die Tür geschossen. Oder eher gelaufen, aber bei dem Tempo konnte man auch ersteres sagen. Es war die Stadthalterin, die recht panisch aussah und einen geöffneten Brief in ihrer Hand hielt. Jedem einzelnen Mitglied der Schwarzen Hand, das zwischen ihr und den übrigen Dunklen Schwingen stand oder saß bekam das Papier für etwa fünf Sekunden vors Gesicht gehalten und ohne Ausnahme sprang jeder und jede Einzelne sofort auf und räumten die Tische auf. Einige rannten in die Küche, einige in den Gang vor der Kantine und vor der Tür konnte man bereits ein Mitglied sehen, das eifrig dabei war schnell durch die Gänge zu fegen. Bei den Dunklen Schwingen war Lauriam der erste, dem sich die Frau näherte. Was mit dieser jungen Frau in seinen Armen war erschien ihr im Moment sehr egal zu sein. "Es geht um euren nächsten Auftrag!", sprach die sonst so ruhige Frau den Spezialagenten an, welcher recht verblüfft von dem allen hier zurückblickte. "
Und warum macht ihr hier gerade deswegen so einen Wirbel?" Lauriam verstand es nicht in diesem Moment, tat es aber einen Moment später, als er das Papier in die Hand gedrückt bekam. Einen Blick auf eben jenes später dämmerte es ihn. "
Dieses Siegel...", murmelte er zuerst und laß sich dann äußerst aufmerksam den Rest des Briefes durch.
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Okay, alle hergehört. Der nächste Auftrag steht an und es scheint Cassius extrem wichtig zu sein. Dieses Siegel benutzt er nur zu wirklich besonderen Anlässen und ich kann euch sagen, dass selbst Braig für einen Auftrag kooperativ wurde, wenn er es zu Gesicht bekam. Stört euch nicht an den Arbeiten der anderen Mitglieder, aber der Auftraggeber wird hierher kommen und laut Nachricht handelt es sich um einen hochrangigen Bekannten, von dem Cassius schon sehr lange möchte, dass dieser in seine Schuld gelangt und genau dieser kommt im Moment hierher!"
Dann wandte sich Lauriam zu Rhord. "
Es scheint sich im übrigen um den Informanten zu halten, der damals in Killius-Stadt nicht aufgetaucht war. Ihr müsst euch nicht sehr besonders verhalten, solange ihr zumindest höflich bleibt, aber ich denke die Warnung solltet ihr schonmal wissen... und bitte informiert Amen darüber, sobald ihr ihn seht!"
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Zur selben Zeit auf der Straße vor dem Versteck der Schwarzen Hand, näherte sich eine vermummte Gestalt dem Eingang. Sie trug eine braune Robe und das Gesicht war bis auf die Augen mit einer Maske bedeckt. Sie schaute sich vorsichtig um und kam schließlich an der Eingangstür zu stehen. Doch anstatt durch diese sofort hineinzugehen, wollte dieser Mann zuvor etwas zu den vorwurfsvollen Gesichtern sagen, die ihn gerade anstarrten. "
Bitte urteilt nicht so über mich. Wäre ich nicht am Ende meiner Möglichkeiten angelangt würde ich gerne davon absehen durch eine Tür wie diese zu schreiten, wie ich es mein bisheriges Leben ebenso vermeiden konnte. Aber es ist etwas, was ich offenbar tun muss..."
Nach einer verabschiedenen kleinen Verbeugung, ohne weitere Worte, trat der vermummte Mann in das Versteck der Schwarzen Hand ein.
Ende von Kapitel 3. Es folgt bald ein nahtloser Übergang in Kapitel 4.