Die Nacht brach herein und Raisen wanderte durch das Unterholz des Mitternachtwaldes. Selbst ohne Geld konnte er in dieser neuen Umgebung sein Überleben sichern. Der Wald war sein Spielplatz und die Jagd das Spiel. Er blickte in die Höhe, der Himmel war komplett schwarz. Nur bei genauem hinsehen, erblickte man eine kleine Wolke, die das größte Objekt am Himmel verdeckte: den Mond. Langsam verzog sie sich und das Licht des Mondes schien direkt auf die Stadt Telaron. Raisen’s Sinne schärften sich, es wurde wieder Zeit. Er ging auf die Knie, seine Haut überzog sich langsam mit Fell und seine Gestalt wurde dem eines Wolfes immer ähnlicher. Ein lautes Heulen durchzog den Mitternachtwald. Die Tiere in seiner Nähe schreckten auf und liefen davon, ihr Instinkt sagte ihnen, dass sie fliehen mussten.
Langsam verzog sich die Dunkelheit und bereits einige Sonnenstrahlen gingen auf Telaron nieder. Raisen spazierte aus dem Wald, als wäre überhaupt nichts passiert. Es ist auch nichts passiert, ein Raubtier hat nur das getan, was es am besten kann. Töten. Es geschieht tagtäglich, nahezu jede Minute. Wenn er so darüber nachdenkt, braucht er sich die Frage, wieso viele Angst vor Werwölfen haben, gar nicht stellen.
Der Werwolf kam aus dem Wald und näherte sich der Stadtmauer. „Halt!“, sprach eine laute, aber dennoch sanft klingende Stimme. Der Werwolf blickte nach links, an der Stadtmauer lehnte ein Mann, der etwas kleiner als er selbst war, aber dennoch kräftig wirkte. Er trug einen braunen Umhang, der seinen Körper verdeckte. Sein Gesicht sah zwar freundlich aus, allerdings waren seine Augen kalt und ernst. Raisen war geschockt, wusste der Fremde, was er im Wald gemacht hatte? „Keine Angst. Ich will nur kurz reden.“ „Du bist...“, Raisen’s Geruchssinn verriet sofort, was ihm gegenüber stand...“Ein Werwolf?“, beendete der Mann den Satz, „...dachtest du etwa, du wärst der einzige hier? Es gibt in dieser Stadt nichtmehr viele von uns, die Magiergilde tötet uns gnadenlos, sollten wir irgendwas in der Stadt anstellen. Gestern am Hauptplatz bist du einem Kommandant der Magiergilde in die Arme gelaufen, du hattest echt Glück“ Raisen wusste nicht was er sagen sollte, wer ist der Fremde und wieso weiß er, was gestern geschah? „Du darfst hier nicht so frei herumrennen. Das bringt dich nur in’s Grab. Komm mit mir mit. Ich kann dir einen Weg zeigen, wie du in Telaron leben kannst, ohne Angst haben zu müssen.“
Raisen blickte sich kurz um und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war. Dann packte er den Mann an der Brust, hob ihn hoch und drückte ihn an die Stadtmauer. „Hör mal, ich hab keine Ahnung wer du bist und jetzt soll ich dir folgen? Willst du mich verarschen? Denkst du dieser alte Sack von Gestern könnte mich töten?!“, sprach der Werwolf mit einem aggressiven Tonfall. Der Mann seufzte, mit einem gekonnten Handgriff konnte er Raisen’s Arm wegstoßen und sich befreien. „Ich will dich zu nichts zwingen. Wenn du allerdings weiterhin so provokant herumläufst und die Aufmerksamkeit auf dich ziehst, stellst du eine Gefahr für die Stadt und eine Gefahr für die restlichen Werwölfe dar. Ich bitte dich ein letztes Mal, komm mit mir mit und ich zeig dir, wie du in Telaron leben kannst, ohne jemanden Schaden zu müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dir gefällt, wenn du immer gehasst wirst...“ Raisen schüttelte abfällig den Kopf. „Und wenn ich nein sage?“ „Dann musst du die Stadt verlassen...“, drohte der Mann und seine Stimme verriet, dass der Fremde bereit war, Raisen zu töten. Ob er es auch schaffte, war eine andere Frage, allerdings sagte ihm sein tierischer Instinkt, dass er es lieber nicht riskieren sollte. Von diesem Mann ging mehr Gefahr aus, als Raisen dachte. Er beschloss, dem Fremden zu folgen. Gemeinsam ging sie die Stadtmauer entlang (außerhalb der Stadt).
Nach einigen Minuten erreichten die Beiden das Stadttor. Von dort aus entfernten sie sich etwa fünfzig Meter von Telaron und bereits aus der Ferne konnte Raisen eine größere Holzhütte erkennen. Das Gebäude war zu groß, als das nur eine Person dort lebte. Aber wer lebt denn bitte hier? Und was hat der Mann mit Raisen vor?
„Wie heißt du eigentlich?“, fragte der Fremde, während sie durch eine Wiese mit kniehohem Gras gingen. „Sollte man sich nicht zuerst selbst vorstellen?“ „Oh, ich dachte das hätte ich schon getan“, er lachte kurz, „...mein Name ist Bartholomeo und ich bin der Anführer der Razor-Gilde (ausgesprochen Rey-sor). Freut mich, dich kennen zu lernen“ „Ich heiße Raisen...“, antwortete er und blickte Bartholomeo überrascht an. „Razor-Gilde? Was soll das sein und was hab ich damit zu tun?“ „Die Razor-Gilde ist eine Werwolf Gilde, sie wurde ursprünglich von dem alten König gegründet, um die Werwölfe von Telaron alle im Auge zu behalten“ Langsam verstand Raisen was hier vor sich ging, klingt an sich nicht schlecht, so eine Werwolf-Gilde. „Das heißt, die Gilde und auch die anderen Werwölfe werden von der Regierung Telaron’s geduldet?“ „Nun, so einfach ist es nicht. Es gibt ein paar Einschränkungen, von denen ich dir aber später erzähle“ „Wenn Werwölfe toleriert werden in Telaron, warum wurde ich dann von dem alten Sack bedroht?“, wollte Raisen wissen, irgendwie klang das was Bartholomeo sprach zu gut, um war zu sein. Eine Stadt die Werwölfe akzeptiert...? „Hmm, zuerst hat man deine Mordlust gegenüber dem Vampir deutlich gespürt, das solltest du lernen zu kontrollieren und...“, seine Stimme wurde ernst, „...halt dich von der Magiergilde fern.“ Bartholomeo stoppte und drehte sich um. „Wir sind da! Unser ganzer Stolz, unser Gildengebäude“, verkündete er, „ich frag dich nur einmal: Möchtest du uns beitreten?“ Raisen blickte sich um, niemand zu sehen. Allerdings verriet ihm sein Geruchssinn, dass einige andere Werwölfe auf den Bäumen saßen und das ganze beobachteten.
Er atmete tief durch, „...gut, ich bin dabei.“
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(Jetzt)
Ein heftiger Stoß riss Raisen aus seinem Schlaf. Er setzte sich auf und blickte aus dem Kutschenwagen, sie waren wohl nur über einen größeren Stein gefahren. „Wie lang noch, Bartholomeo?“, schrie er nach vor. „Einige Stunden, Raisen“ Der Werwolf betrachtete seine Halskette, welche er bei seinem Gildenbeitritt von Eila, ein kleines Werwolfsmädchen, bekam. Er ließ sich zurückfallen und schlief weiter.
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(Eine Woche nach Raisen’s beitritt)
„Telaron wird angegriffen!“, brüllte Tarak, ebenfalls ein Mitglied von Razor. Die Werwölfe stürmten aus dem Gildengebäude. Sie erblickten hoch über der Stadt ein riesiges Luftschiff, das von mehreren kleinen Schiffen begleitet wird und allen Anschein nach gerade dabei ist, Telaron zu zerstören. „Oh schei-“, schrie jemand und eine Kanonenkugel krachte direkt in...das Gildengebäude. Die Gruppe starrte ungläubig auf das zerstörte Gebäude, nur noch Trümmer waren übrig. „Leute, reißt euch zusammen!“, sprach Bartholomeo um alle zu beruhigen, „ist jemand verletzt? „Nein“, antwortete eine Frauenstimme (hab grad keinen Bock jedem Random einen Namen zu geben). „Gut“, der Gildenführer stellte eine kleine Gruppe zusammen, die den Bürgern Telaron’s helfen werden. Die restlichen Werwölfe wurden angewiesen, die Kutschen und Pferde bereit zu machen, damit sie, im Notfall sofort verschwinden können.
Am Abend kam die Kampftruppe ohne schwere Verletzungen zurück. Was genau angegriffen hat, wussten sie nicht, aber die Feinde wurden zurückgeschlagen. „Die Stadt ist zum Großteil zerstört“, teilte Bartholomeo den Anderen mit. „Was machen wir jetzt?“, fragte Tarak und zeigte auf das zertrümmerte Gildengebäude. „Wir werden hier aufräumen und reisen dann nach Iridriel, dort gibt es eine ähnliche Gruppe von Werwölfen wie unsere.“ Raisen verstand zwar nicht, wieso man das Gebäude nicht einfach neu aufbaute, allerdings wird er auch nicht nach Gründen fragen. Bartholomeo hat es so entschieden, fertig. Die Gildenmitglieder vertrauten ihm, da viele von ihnen in der Stadt ausgegrenzt und dann von ihm aufgenommen wurden. Er war es auch, der den alten König von einer Werwolf-Gilde überzeugen konnte. Darum widersprach ihm auch nie jemand, die Leute vertrauten ihm ihr Leben an und waren bereit ihm zu folgen, egal wohin.
...
(Jetzt)
Nur noch wenige Stunden bis sie die Hauptstadt von Nefartis erreichen.
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Ist ja garnicht so viel :>
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Raisen« (13. Februar 2014, 21:17)