Während der menschliche Gladiator seinen Gegner mit Leichtigkeit in die Knie zwang, wie in einer brutaleren Version der Sage von David und Goliath, erläuterte Raisen die Regeln der Arena. Oder besser gesagt, er erläuterte, dass es keine gab. Etwas schien ihn über den Sieger des Duells zu beunruhigen... waren sie Feinde? Gehörte er vielleicht einer Gangstergruppe an, die mit Hamatora verfeindet war? Annika ahnte ja nicht, wie nah sie mit dieser Vermutung dran war. Dieser Mann war Mitglied von Hayato, eben jener Gruppe, die sie einst als Geisel genommen hatte, um den Anführer Hamatoras in die Finger zu bekommen.
Nachdem die Leiche des Trolls aus der Arena gebracht und Sand über das vergossene Blut gekehrt wurde, rief der Maskierte die nächsten beiden Nummern auf. Eine von ihnen gehörte zu Annika.
"Na dann, wünsch mir Glück." sagte sie zu Raisen, stand auf und schluckte das letzte bisschen Zögern herunter. Jetzt war es soweit, jetzt würde sie sich beweißen.
Sie trat in die Arena. Ihr Gegner war ein Mann mit roten Haaren und einer Maske, die ihn wie ein Oni erscheinen ließ, jene rothäutige Dämonenmenschen aus xengesischen Sagen. Seine Kleidung war schwarz und enganliegend, und er war barfuß. Seine Waffe stammte ebenfalls aus Xeng, es handelte sich um ein Naginata, dass er über seinem Kopf drehte und dann mit dem unteren Ende auf den Boden aufschlug.
"Deine Haare sind zu ordentlich gekämmt für eine Bettlerin aus der Unterschicht, die für Geld ihr Leben riskieren muss." sagte Oni in einer tiefen Stimme, die kaum zu seinem schlanken Körperbau passte.
"Bist wohl eine Göre aus den reicherein Stadtteilen, die glaubt, so ein Kampf wäre ein Vergnügen. Ich liebe es, Leuten wie dir ihre Illusionen zu entreißen - und ihre Leben." Annika antworte nicht darauf. Oh, es würde ein Vergnügen werden.
Der Kampf begann. Oni stieß seine Waffe vorwärts, doch Annika hob ihren Stab, hebelte das Naginata zur Seite und blockte einen darauf folgenden Versuch, auf ihren linken Arm zu hacken. Ihr Gegner wich einen Schritt zurück, blockte seinerseits einen von ihr folgenden Seitenschlag und griff erneut an. So ging das für kurze Zeit weiter, Angreifen, Blocken, Zurückweichen, niemand schien im Vorteil zu sein.
"In Ordnung, genug gespielt!" rief Oni und griff plötzlich viel schneller als vorher an. Annika hatte Schwierigkeiten, diese härteren Hiebe anständig zu blocken, und konnte nicht mehr in die Offensive gehen. Sie geriet ins Schwitzen, auf Dauer konnte es so nicht weitergehen. Hatte ihr Gegner denn überhaupt einen Schwachpunkt?
Hm, vielleicht. Zum Angriff hatte er bisher nur die Klinge an der Spitze seines Naginatas verwendet. Nie hatte er versucht, anzugreifen, wenn er zu nah war, um nur mit dem stumpfen Holz treffen zu können. Selbst beim Blocken verließ er sich auf das obere Ende seiner Waffe.
Jetzt war Kühnheit gefragt. Sie blockte einen Schlag von oben, hielt ihren Stab hoch, damit Oni seine Waffe nicht so leicht zurückziehen konnte, trat vor, um ihr Knie in seinen Bauch zu rammen...
...und Oni beugte seine Arme und rammte seinen Ellenbogen schmerzhaft in Annikas Gesicht. Die Adelstochter wurde auf den Arenaboden geschleudert, versuchte, sich von Onis nächsten Hieb wegzudrehen und spürte einen stechenden Schmerz in ihrer rechten Schulter. Blut quoll hervor, als Oni die Klinge seines Naginatas herauszog und zum einem finalen Schlag ausholte.
Scheiße.
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@Raisen: