Die Dunkelheit gab ihn frei. Der Schmerz kehrte augenblicklich zurück. Jede Faster seines Körpers war davon erfüllt, als versuchten sie krampfhaft, ihm zu zeigen, dass er noch am Leben war. Er versuchte, seine Augen zu öffnen, doch es gelang ihm nicht. Seine Arme und Beine gehorchten ihm nicht - Panik mischte sich unter den Schmerz. Was, wenn er für immer gefangen war? Als Geist in seinem eigenen Körper gefangen, verdammt, in einer Welt aus Schmerzen auszuharren, ohne etwas dagegen tun zu können?
Alles in ihm schrie danach, er musste aufwachen, er brauchte die Kontrolle über seinen eigenen Körper wieder! Die Erinnerungen kehrten alle wieder, er war von der Brücke gestürzt. Vermutlich trieb er im Wasser herum und war dabei, zu ertrinken. Was, wenn er wirklich schon tot war, und sein Geist ihm einen Streich spielte?
Dann fiel ihm ein, dass er es herausfinden konnte. Er müsste seinen Geist lösen können, wenn er noch lebte - er konnte es zumindest versuchen. Der pochende Schmerz in seinem Kopf wurde leiser, ließ allmählich nach. Er spürte, wie sich sein Geist löste, wie alles um ihn herum plötzlich Form anzunehmen begann.
Schemen wurden zu Konturen, die zu Felsen wurden. Dann stellte er fest, dass sich sein Körper bewegte.
Forax trug Matthews Körper über dem Rücken. Seine Kleider waren wie die von Matthew nass - Forax hatte ihn aus dem Wasser gezogen. Und nicht nur das, er hatte den Bolzen entfernt und die Wunde mit seinem Umhang verbunden. Der purpurne Stoff hatte sich dunkel verfärbt, wo Matthews Blut ihn benetzt hatte.
Er erklomm gerade einen steinigen Pfad. Matthew blickte zurück, vermochte aber in der Ferne nicht den See zu erkennen. Forax musste schon eine Weile gelaufen sein, seine Kleider waren auch mittlerweile nicht mehr so nass, es musste bereits etwas her sein, dass er im Wasser gewesen war.
Matthew zog sich in seinen Körper zurück. Jetzt, wo er wieder zurückgekehrt war, bemerkte er zwar eindeutig, dass der sich bewegte, dennoch war er immer noch gefangen.
Eine neue Bewegung ließ Matthews Geist aus seiner Trance erwachen. Sein Körper wurde wieder bewegt - er verließ ihn und stellte fest, dass sie wohl erreicht hatten, was Forax gesucht hatte. Matthew lag auf dem Rücken auf dem Boden, Forax atmete kurz tief durch. Matthew blickte sich um. Offenbar handelte es sich um einen größeren Höhlenraum, mit je einem Gang an jeder Seite. In der Mitte befand sich eine kreisrunde Markierung aus Marmor auf dem Boden, die die vier Himmelsrichtungen darzustellen schien. An jeder Seite besaß sie einen Pfeil, der die Himmelsrichtungen bezifferte. Die Platte war leicht in den Boden eingelassen, und Flüssigkeit hatte sich dort gesammelt.
Forax trat vor, an den Rand der Markierung und murmelte ein paar Worte in einer Sprache, die Matthew nicht verstand. Augenblicklich begann das Wasser zu dampfen. Ein Nebel entstand, der sich nach und nach auftürmte und Konturen erkennen ließ - Konturen einer Person. Matthew konnte die Gliedmaßen erkennen, den Torso, ihren Kopf.
Als sie Sprach, war es nicht mehr als ein Hauch, fast so, als hörte man den Wind säuseln.
"Wir haben uns lange nicht gesehen, Forax." -
"Ewigkeiten ist es her. Ich komme mit einem Anliegen." Er richtete seinen Blick kurz auf Matthews Körper, der noch immer in seinem Trancezustand auf dem Boden lag, völlig reglos.
"Der Junge liegt im Sterben...", wisperte der Nebel,
"... und ich soll ihn retten? Das ist es doch, oder? Du weißt, was ich dafür verlange." Forax nickte.
"Keine Leistung ohne Gegenleistung. Ich weiß doch, was du begehrst, und so ist uns beiden geholfen. Ich wollte deinen Schrein ohnehin mit ihm aufsuchen. Du musst wissen, er ist mein Schüler." Die Nebelgestalt lachte kurz auf.
"Dann hast du dich hoffentlich davon überzeugt, dass er dem gewachsen ist, wenn du ihn hier herbringst. Nicht wie beim letzten Mal." Wieder das Lachen. Dann zerstob die Nebelgestalt zu einem dichten Nebel, der sich langsam auf Matthew zubewegte. Wie von magischer Hand wurde er zurück in seinen Körper gezogen. Gleichzeitig fühlte er, wie sich der Nebel auf ihn legte, ihn umfing und umgab, als tastete er ihn ab.
Der Schmerz im Bereich seiner Brust kehrte schlagartig wieder zurück und schwoll an. Er merkte, wie sein Körper vibrierte, und einen Augenblick später war das Gefühl der Beklommenheit zusammen mit dem Nebel verschwunden. Matthew öffnete die Augen. Forax kniete an seiner Seite, den Blick sorgenerfüllt auf ihn gerichtet. Er half Matthew dabei, sich aufzusetzen, denn ihm wurde noch immer schwindelig. Er löste den Verband und betrachtete seine Brust - nichts ließ darauf schließen, dass er vor so kurzer Zeit so schwer verwundet worden war. Nichts außer einer schwarzen Narbe, die über seinem Herzen prangte, nicht größer als sein Daumen lang war. Die Wunde war verheilt.
____________________________
Aaaaaand Part 2