Barbara schluckte als sie einen Einblick in die Psyche ihres Peinigers bekam.
"M-Mauern?", war das einzige was sie herausbekam.
"Wertvorstellungen, Liebe, das Streben nach Macht und Geld, Familie, ein Glaube mit und ohne Gott und vieles, vieles mehr. Es gibt so vieles, woran ein Mensch festhalten kann und desto wichtiger es ihm ist, desto stärker ist die Reaktion wenn es zum Greifen nahe ist, in Gefahr gerät oder sogar verloren geht."
Der Atem der gepeinigten Frau wurde schwerer. Sie begann zu verstehen worauf dieser Mann hinaus wollte - und wie viel mehr er damit im selben Zeug andeutete. Sie selbst...
"Ahh... ich sehe schon, du verstehst so langsam. Dein flüchtiger Mann wird dir mehr als nur einmal vor den Gefahren vor Interaktionen mit Feen gewarnt haben, aber in dem Moment wo dir das wichtigste mit einem Mal genommen war, war an diese Warnungen nicht mehr zu denken. Getrieben von deiner Sehnsucht nach deiner Familie hast du dich in einen Handel einlullen lassen, dem du sonst nie zugestimmt hättest. Das alleine war ja schon ein wunderbarer Anblick für mich, aber eben gerade hattest du Gedanken, die du - so wette ich - nie zuvor in deinem Leben gehabt hattest."
Was Braig sagte war hart, aber Barbara konnte nicht sagen, dass er log oder sie falsch einschätzte. Eine Närrin war sie, die in ihrer Verzweiflung nach jeden Faden an Hoffnung griff, der sich ihr zeigte.
"Und wo soll das bei dir etwas böses sein?! Du solltest bestraft werden für das, was du getan hast, ob nun direkt oder indirekt. Daran ist nichts falsches!"
"Das ist wohl wahr, aber die Wege mit denen du das Ziel erreichen wollen würdest könnten dies sehr wohl sein. Was glaubst du wie viele Seelen wie deine sich an Organisationen wie die Schwarze Hand wenden, die sich wiederum einen Scheiß darum scheren wie das Ziel erreicht wird?" Ein Treffer ins Schwarze. Auch wenn es offensichtlich war, dass sie es in ihrer Situation nicht schaffen könnte, jemand anderes damit zu beauftragen diesen Mann loszuwerden, klang die Idee für einen Moment nicht schlecht in ihrem Kopf. Sie verlor die Kraft sich aufzustemmen.
"Und so ist es auch mit den zwei Willen, die in dieser Stadt aufeinandertreffen.
Auf beiden Seiten Ziele, die an sich nichts Bösartiges an sich haben, aber die Wege? Nun, dir brauche ich wohl nichts weiteres erklären, hm?" Am Boden liegend kamen der Frau die Tränen.
"Ein wirklich unterhaltsames Nebenprojekt. Ich hoffe die Auflösung lässt nicht mehr allzu lange auf sich warten. Es wäre eine Schande, wenn hier alles den Bach runtergeht, ehe es dazu kommen konnte!"
Die bis eben noch kraftlose Frau schreckte auf, nur um im nächsten Moment durch Gravitationsmagie wieder heruntergedrückt zu werden. "Was... hast du... gerade... gesagt?"
Mit aller Kraft schaute sie nach oben, Braig ins Gesicht, der diabolischer und angsteinflößender als zuvor grinste. "Hoppla, da hab ich mich wohl zu sehr gehen lassen! Da lasse ich auf einmal durchblicken, dass da noch etwas viel größeres in der Mache ist! Ich Dussel." Es war Absicht, das war an seinem Tonfall sofort zu erkennen. Warum auch immer, dieser Braig versuchte nicht einmal so zu tun, als wäre das unabsichtlich gewesen. Er ging wieder wie zuvor in die Hocke, diesmal darauf achtend, dass Barbaras Kopf schön unten bleibt.
"Und ich garantiere dir, sobald ich damit fertig bin wird diese Welt weitaus interessanter sein! Eine Welt, in der wir Menschen zum Extremen gezwungen werden, um all das was ihnen wichtig ist zu beschützen... und wenn heutzutage selbstverständliche Ideale geopfert werden müssen, dann ist dem halt so!"
Barbara begann mit aller Kraft gegen die Gravitationsmagie anzukämpfen. Ihr geklauter Wille hinderte sie nicht mehr so sehr war ihr Entschluss gefestigt sofort etwas zu unternehmen. Ihr Herz raste vor Angst und Furcht, als sie sich vorstellte wie dieser Mann seine ideale Welt in die Tat umsetzen würde... und sowas wie es in diesem Land geschieht nur als ein Nebenprojekt betitelt.
"Diese Stadt. Die Welten. Ich will alles im Fegefeuer der Menschlichkeit lodern sehen!" Sein bösartiges Lachen erreichte seine Höchstform, während sich Barbara weiter gegenstemmte und ein Messer aus Dunkelheit in einer ihrer Hände formte. Sie versuchte dieses in Braig hinein zu rammen, dieser hielt den Versuch aber mühelos auf, indem er ihr Handgelenk griff. "Warum?! Warum erzählst du Dämon mir all das? Was versprichst du dir davon?" Sein Lachen stoppte. "Na, das ist doch deine Rolle in diesem Spiel! Dieses Gespräch, welches wir hatten, ist ein Bonus für diejenigen, die es schaffen sollten deinen Geist komplett repariert zu bekommen und sogar das Hindernis überwunden bekommen, was just in diesem Moment mittels eines Feenzaubers vorbereitet wird. Die Anzahl derer, die dadurch kommen könnten ist so gering, mir selbst ist nur eine einzige bekannt, die das bewerkstelligen könnte und meinem aktuellen Informationen nach sehe ich nicht warum sie je hierher kommen sollte... oder vielleicht doch? Perfekte Pläne sind ohnehin langweilig, das bisschen Nervenkitzel, ob jemand fähiges rechtzeitig hier aufschlägt... wer weiß vielleicht machen ein paar Helden es nochmal richtig spannend!"
Kurz nachdem Braig diesen letzten Monolog gehalten hatte, wurde Barbara auf einmal ganz schummrig. "Was... geschieht mit mir...", keuchte sie angestrengt, als zur selben Zeit Braigs Graviationsmagie endete. Der Anwender ist bereits wieder aufgestanden und schaute nur noch auf Barbara herab. "Für dich ist nun Schlafenszeit. Ich habe alles erzählt, was ich dir eintrichtern wollte und damit ist alles zur Vorbereitung deiner Rolle getan. Sobald du aufwachst wird dein Verstand einem Splitterhaufen ähneln und nur der Tod desjenigen, der deinen Namen behalten wird oder das Auftauchen von jemanden, der dich wenn auch nur kurzfristig heilen kann, wird etwas daran ändern können."
Sie schaffte es einfach nicht dagegen anzukämpfen. Dieses Gefühl wurde schlimmer und schlimmer und mit der Zeit wurde ihr langsam schwarz vor Augen.
"Nein... ich... will... n..."
"Ich wünsche dir eine gute Nacht!"
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Am Ende ihrer Erzählung angekommen war Barbaras Körperhaltung bereits schwächer geworden. Es war ihr anzusehen, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde.
Rhord, Miata und Siradda blieben ruhig. Nicht weil es sie nicht kümmerte, sondern weil vieles von dieser Geschichte sich in sie hineingebohrt hatte. Das galt für Miata weniger als für die anderen beiden. Rhord, der sich an die Schwarze Hand gewendet hatte, als diese ihm ein Angebot machte - welches er annahm um sein Ziel zu erreichen. Er fühlte sich zuvor bereits schuldig, doch zu hören wie leicht es in den Augen von Menschen wie Braig ist andere Menschen zu solchen Entscheidungen zu treiben... es lief ihm ein Schauer über den Rücken. In gewisser Weise war er ein ebenso großer Narr gewesen wie die ausgetrickste Barbara.
Siradda dagegen musste an das viele Jahre zurückliegende Attentat auf ihre Geisterschwester - welches auch ihr gegolten hätte - zurückdenken. Das berauschende Gefühl, als sie den Kopf des Angreifers an der Zellwand zermatschte... Die Jahre zuvor hatten sie abstumpfen lassen, aber es war dieser eine Moment des Machtgefühls, der sie zu so viel mehr leid verleiten ließ. In ihrem darauffolgenden Streben warf sie mehr und mehr ihrer Menschlichkeit weg, nur um mehr aus ihrer Macht ziehen zu können. Wie sehr sich Braigs Worte auf andere anwenden ließen konnte sie nicht beurteilen, aber für sie selbst entsprach es der Wahrheit.
Was die drei aber alle miteinander verband war die Furcht vor dem, was Braig angekündigt hatte. Es war ein furchtbares Omen. Das "wie" war zwar auch noch eine Frage, aber würde er sowas ankündigen ohne einen Plan dafür zu haben? Eines stand in jedem Fall fest, desto eher dieses Monster gestoppt wird, desto besser. Das galt nun nicht mehr nur für sie allein. Nicht bei einer solchen Drohung.
Was aber auch fest stand war, dass die Frau, die die von Braig vorgegebene Rolle erfüllt hatte, am Ende ihrer Kräfte war. Es würde nicht mehr lange dauern.
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Lauriam hatte es sich bereits denken können, dass Vada nach den Worten von Ashura erstmal hören wollen würde, was dieser zu bereden hätte. Ein logischer Schritt, aber deswegen musste es Lauriam noch nicht sofort gefallen. Für den Moment gab er nach, mischte sich also fürs erste nicht weiter ein - anders würde er sich wohl nichts als Nachteile einhandeln - und ließ den Teufel reden.
"Es freut mich dies zu hören und ich komme daher auch sofort zum Punkt: Unsere Ziele, so denke ich, überschneiden sich an zwei Stellen: Erstens, mit der Situation in der Stadt fertig werden. Ihr seid bereits so weit gegangen, dass ihr diesen Keidein aus dem Weg geräumt habt, daher gehe ich stark davon aus, dass ihr euch bereits bewusst seid, dass in dieser Stadt einiges nicht mit rechten Dingen zu geht. Selbst ein Teil der Stadtwache ist einem von euch bereits aufgelauert. Jemand möchte euch loswerden und ich gehe jede Wette ein, dass es sich hierbei um denselben Feind handelt, der auch mir das Leben schwer gemacht hat."
Bereits hier kam Lauriam etwas merkwürdig vor und er wartete auch nicht damit es anzusprechen:
"Hat dieser jemand auch einen Namen?"
Ashura seufzte auf diese Frage.
"Rail Chavallon, der Mann von dem ich ausgehe, dass er euch hierher bestellt hat. Da ihr euch gegen Keidein gestellt habt hoffe ich, dass ihr die Möglichkeit, dass er euer Feind ist, bereits berücksichtigt habt. Habe ich was das angeht recht?" Lauriam nickte zustimmend.
"Wobei ich mich immer noch frage, warum er uns überhaupt hierhergeholt hat, wenn wir ihm dann doch nur ein Dorn im Auge sind. Als möglich wird es ein wenig gesehen, überzeugt bin ich davon jedenfalls noch nicht." Der Teufel schmunzelte leicht.
"Einerseits wird er auf jeden Fall darauf gehofft haben mir meinen Angriffsversuch heimzuzahlen. Eines der Attentate, das wo er in seinem eigenen Anwesen angegriffen wurde, habe ich veranlasst." Lauriam erinnerte sich, es war Teil der Informationen, die sie anfangs bekommen hatten. Bei den anderen kam letzten Endes niemand zu Schaden. Nur bei dem einen nicht, dort gab es mehrere Tote. Dass jemand so kaltblütiges wie Ashura dahintersteckte, das war der Spezialagent bereit zu glauben.
"Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass er euch loswerden wollte, ehe es der Schwarzen Hand bekannt wird, dass er gegen sie arbeitet. Ihr habt in mindestens zwei Fällen hochkarätige Ziele getötet. Er wird euch daher als eine Bedrohung wahrgenommen haben, die die Hand gegen ihn entsenden könnte. Ich weiß nicht was genau die Absprachen waren, aber wie auch immer sie waren, er hat die Situation, euch, somit bisher besser unter Kontrolle gehabt."
Etwas verwunderte Lauriam an dieser Stelle:
"Du gehst davon aus, dass Rail vorhergesehen hat, dass seine Handlungen bekannt werden? Wie das?"
"Seine aktuellen Aktionen deuten für mich darauf hin, dass er am Ende seiner Vorbereitungen ist. Was genau sein Plan ist kann ich nicht sagen, aber ich gehe davon aus, dass bereits am morgigen Tage alles entschieden sein wird. Sollte er vorhaben die Macht an sich zu reißen, wird er danach ein leichtes Spiel haben euch einzusacken, wird aber zugleich auf kurz oder lang auch der Schwarzen Hand als Feind bekannt werden."
Der Teufel nahm einen Schluck seines Getränks.
Lauriam ahnte bereits worauf das hinauslaufen würde, doch da Ashura hauptsächlich mit Vada reden wollte überließ er alles weitere fürs erste dem Angeborenen. Sich einmischen kann er später zur Not immer noch.