Der Wächter hörte sich aufmerksam an was Scarlet zu sagen hatte. Dass sie draußen Wache stand, aber durch ihre Fähigkeit wüsste dass niemand sie angelogen hatte. Die Broschen erwähnte sie, beteuerte, dass diese Leute wirklich an seiner Unterstützung interessiert waren und wie Itsuki ihnen zu vertrauen schien.
Er nickte dem erst einmal zu und schaute dann zu Rhord, um ihm wie gehabt eine Frage zu stellen.
"Was für Broschen?", fragte er. Tatsächlich wurden sie von dem älteren Trio bereits erwähnt, zwingend mehr über sie wissen musste der Wächter nicht unbedingt. Rhord holte das Set hervor und hielt sie in seiner offenen Hand. Seinem gegenüber schien zu reichen sie aus der Ferne zu sehen, er kam nicht näher ran um sich die Accessoires genauer anzuschauen.
"Nach dem was wir bei Barbara gelernt hatten soll zu ihnen noch ein Stein gehören, mit welchem diese drei Broschen zusammenhängen. Alles was ich darüber weiß ist, dass es angeblich in Sicherheit sein soll."
Der Maskierte blieb für einige Momente still stehen und wechselte lediglich seinen Blick einmal in die Richtung der rothaarigen Angeborenen.
"Du batest mich nach Ratschlägen, wie man ein Beschützer der Bevölkerung sein kann und jetzt werde ich der Bitte nachkommen."
Diese Worte geformt aus Licht waren rein zu Scarlet gerichtet. Er ließ ihr genügend Zeit um sie zu lesen, ehe er sie austauschte.
"Jedoch ist diese Methode der Kommunikation unpassend dafür. Ich sollte das was ich gleich tue erst morgen tun, aber wenn ich hierdurch verhindern kann, dass Itsuki Velons Wunsch dich zu retten mit Füßen getreten wird, dann ist mir das das Wagnis wert."
Rhord, der die Broschen mittlerweile wieder zurück in seine Hosentasche getan hat, bewegte sich in der Zwischenzeit ein paar Schritte, um auch lesen zu können was der Wächter zu Scarlet schrieb. Ihm kam ein ungutes Gefühl, als er den letzten Part las, auch wenn er nicht wirklich verstand was hier vor sich geht.
"Ich verstehe, wenn du gleich verwirrt sein könntest, aber ich hatte für das was ich tat - und sagte - meine Gründe."
Nach ein paar weiteren Sekunden, in der Scarlet wieder genug Zeit hatte, um seine Worte zu lesen, fasste sich der Wächter ohne weitere Worte an seine Maske und entfernte sie, mitsamt zwei Teilen an seiner Kapuze, die eben diese an Ort und Stelle hielten, damit ein Windstoß sie ihm nicht wegfegen würde. Rhord als auch Scarlet kannten das Gesicht und zumindest ersterer war fassungslos.
Das vertraute Gesicht war aber nicht das einzige, was ihn fassungslos bleiben ließ. Ein Detail an ihm war definitiv anders. Seine Haarfarbe. Anstatt das normale braun, waren sie nun weiß.
"Dieses Gesicht hättest du nicht erwartet, was? Wer das Volk beschützen möchte, muss manchmal auch Dinge tun, die ihm eigentlich zuwider sind. Lange Zeit habe ich selbst im öffentlichen Leben eine Maske getragen, um mich selbst, aber noch viel wichtiger meine Freunde zu schützen. Zu groß die Gefahr, dass wenn jemand dahinter käme, dass ihnen etwas zustoßen könnte. Aber sag Scarlet, damals als wir uns das erste Mal trafen, hatte dir meine Blut verraten können, dass das was ich sagte und das was ich dachte nicht dasselbe waren?", fragte der junge Mann mit einem leichten Lächeln, den Scarlet und Rhord als Kallin kannten.
"Bis du dich an Theo und Yuria vergriffen hattest ahnte ich noch nichts, dass jemand wie mit einer Fähigkeit wie deiner in der Nähe war. Und dennoch war ich auf eben so einen Moment vorbereitet gewesen. Lügen können, ohne es mir irgendwie anmerken zu lassen, ob physisch oder über magische Mittel. Wer über Jahre nichts anderes gewohnt ist, wie ich eine Ausbildung in magischer Abwehr absolvierte und auch den passenden Lehrer hatte, kann so weit kommen.", erklärte der nun demaskierte Wächter der Angeborenen.
"Wobei mein Fall nur ein Beispiel wäre. Wusstest du, dass Feen in der Lage sind, sobald sie Zugriff darauf bekommen, die Identität - oder wie die fachkundigen sagen würden den Namen - von jemanden umzuschreiben? Stell dir vor, so jemand würde dir von seiner Vergangenheit erzählen, dabei ist sie nur die erfundene Geschichte einer Fee. Könnte dir das Blut das verraten?", erzählte Kallin weiter und schaute dann zu Rhord herüber und sein Lächeln wechselte sich mit einem ablehnenden Blick ab. Aber nur für einen Moment. Die Implikation ging am Erddämon nicht vorbei.
"Willst du damit sagen, dass alle meine Erinnerungen eine Lüge seien?! Unfug! Als könnte sich das irgendwer ausdenken!"
"Zu dir komme ich gleich noch."
Dass Rhord sich darüber ärgerte ließ Kallin komplett kalt. Stattdessen schaute er zu Scarlet und lächelte wieder.
"Was ich damit sagen möchte ist - und verzeih bitte meine direkte Wortwahl: Du verlässt dich zu sehr auf deine Fähigkeiten. Die Worte und Taten derer um dich herum gehen urteilsfrei an dir vorbei und das macht dich ausnutzbar für die, die wissen wie man mit so jemanden umgehen muss. Anstatt dich selbst zu überzeugen - dabei zu sein, wenn diese Leute auf Informationsquellen stießen - bliebst du willig draußen stehen oder warst wie es letzte Nacht wohl der Fall war ganz woanders. Deine Fähigkeit den Blutfluss zu lesen wird dich vor Lügen schützen, so deine Logik. Das ist genauso gefährlich, wie auch Itsukis leichtfertiges Vertrauen. Ich respektiere ihn sehr und ich erkenne komplett an, dass er bei dir etwas geschafft hatte, das ich nicht für möglich hielt, aber trotzdessen hat auch er seine Fehler. Niemand ist perfekt..."
Er hielt kurz inne, setzte seinen Monolog aber fort ehe jemand etwas sagen konnte.
"... was der Grund ist weswegen ich nun hier bin. Zuvor hatte ich es dabei belassen, dass ich die Dämonen aus dem Verkehr zog, die sich nach einem Besuch bei ihm an Unschuldigen zu schaffen machten oder nach meinem Wissen anderweitig ungute Absichten besaßen. Aber das hier lässt sich nicht mit reiner Waffengewalt lösen. Ich kann und möchte dich nicht zwingen mir zu glauben. Daher... bist du gewillt mir, deinem "Helden" weiter zuzuhören?"
Rhord war derweil sehr stark überlegen. Wenn Kallin der Wächter ist, dann als Noire und Rhord damals auf ihn getroffen waren, war das Zufall oder... oder... Und wenn der Wächter aus nächster Nähe Dämonen aufspüren kann... Wenn Scarlet aktuell auf Rhords Blutdruck achten würde, dann würde ihr auffallen, dass der sowieso stärkere Blutdruck nochmal höher war als normal üblich. Die dunkle Schwinge machte sich Sorgen. Erhebliche Sorgen. Bereits das was er über ihn behauptete gab ihm guten Grund dazu.
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Vada stimmte Lauriam zu und fragte dann auch was er für Ideen hatte.
"Als erstes könnten wir versuchen unsere Anzahl zu erhöhen, wenn auch nur temporär. Die, die mit Korina in Verbindung stehen, diese Sippe. Meines Wissens nach liegt ihr und vor allem das Interesse ihres Oberhauptes an diesem Schwert in Korinas Besitz. Nun stell dir vor eben jenes würde in die Hände von jemanden wie Ashura landen. Dämonenstahlschwerter sind wertvoll, die würde jemand mit genug Intelligenz nicht einfach so liegen lassen, selbst wenn er keinen direkten, eigenen Nutzen davon hätte. So effektiv er sich offenbar verbergen kann und so hoch wie ich seine Kampffähigkeiten einschätze dürfte die Rechnung ein leichtes sein in wessen Händen sie diese Klinge lieber sehen wollen. Uns kennen die (der Vater und Sippe) offenbar. Ihn?", begann er zu erklären ohne zu wissen, was andernorts in der Stadt bezüglich Loyalitäten besprochen wurde.
Als er das "Ihn?" fragte, wollte er schon sagen "Wohl kaum.", wobei er den Gedanken doch lieber umänderte.
"Okay, auszuschließen, dass dieser "Vater" mehr über Ashura weiß wäre möglicherweise voreilig, aber darauf können wir nur spekulieren. Trotzdem, der Punkt steht. Es besteht die Chance, dass wir diese Typen sofort gegen uns wenden, das halte ich aber für unwahrscheinlich. Zumindest mitten am Tag würde das Aufsehen erregen. Ihnen bliebe also die Optionen still zu bleiben und zu riskieren, dass das Schwert bei einem Überfall in ungewünschte Händen landet oder uns unterstützen und diese Möglichkeit verhindern."
Das war Möglichkeit 1, worauf er auch gleich auf Möglichkeit 2 überging.
"Meine zweite Idee dürfte gerade für dich von Interesse sein, aber auch jeder andere von uns sollte davon profitieren können. ", erklärte Lauriam einleitend.
"Als du zu uns kamst habe ich mich ein wenig informiert wer da uns zugeteilt wurde. Bevor du Angeborener wurdest, warst du ein Magier so wie ich, oder nicht? Und nun da du ein Angeborener bist, ist dir wahrscheinlich bis auf den besten Fall kleinste Flammen oder eine frische Brise deine Magie verwehrt."
Nun löste er das Buch aus seiner Halterung, was wenn Vada sich in Sachen magischen Werkzeugen auskennt als Grimoire erkennen könnte. Er hob es ein bisschen, damit der Angeborene einen besseren Blick auf es haben konnte.
"Für den Fall, dass du das hier nicht kennst, das hier ist ein Grimoire. Ein Zauberbuch. Auf den Seiten sind in magischer Tinte Zauberformeln geschrieben und diese sind durch einen kürzeren Spruch auslösbar. Der Vorteil ist, dass ein Magier nicht die ganze Formel können muss, sondern nur einen Teil, der Nachteil, es ist alles durch die magische Tinte begrenzt. Kleinere Zauber können auf einzelne Worte reduziert werden, komplexere dagegen werden wiederum länger, sind im Vergleich zum eigentlichen Spruch aber immer noch relativ kurz."
Das alles war bislang nur recht informativ, praktisch jedoch unnütz für sein Gegenüber. Aber zu dem Clou kam der Spezialagent erst.
"Nachdem mir das hier in die Hände gefallen war, kam mir ein Gedanke: Wenn die magische Energie bereits im Buch vorhanden ist, reicht das kleine bisschen was Angeborene noch aufbringen können nicht aus, um den Spruch im Buch zu aktivieren?"
Es war gut möglich, dass Experten diese Frage längst beantwortet hatten, da Lauriam aber kein Angeborener war und sich daher dafür auch nicht interessiert hatte, kam ihm bislang nie die Frage in den Sinn. Wie auch immer, mit gleich drei Angeborenen in dieser Gruppe war die Antwort auf diese Frage zunehmend relevanter geworden. Zwei von drei haben durch Geister Zugriff auf magische Fähigkeiten bekommen, aber auch diese Kräfte haben ihr Limit - und wenn es die Kenntnisse der jeweiligen Geister ist.
Sein Interesse war jedenfalls geweckt. Er schlug er das Zauberbuch auf, um da drin zu blättern und kam dann an einer Stelle zum Stehen.
"Ein simpler Lichtzauber. Es sollte eine Lichtkugel erscheinen, die einige Meter nach vorne schießt. Würde ich tippen war das für das Kämpfen an dunklen Orten gedacht. Das sollte geeignet sein. Magie, die ein Angeborener normalerweise nicht nutzen können sollte, aber auch nichts was ich später noch brauchen sollte."
Er war ein Thermomant und war für sowas auch tief genug in der Materie der Dämmerungsmagie drin. Wenn ihm die magische Energie dafür ausgehen sollte, dann dürfte er zu dem Zeitpunkt ganz andere Probleme haben.
Er reichte das Grimoire zu Vada hin. "Ich selbst habe es noch nicht ausprobiert, aber da es sich um ein Projektil handelt würde ich vorsichtshalber fürs erste versuchen das Buch in eine Richtung zu halten, wo zurzeit niemand steht. Ich gehe mal davon aus, dass es auch Zauber gibt, die sich je nach Formel nach dem Wirker richten und nicht nach dem Buch, aber somit decken wir beide Fälle ab. Für einen Test ausreichend."
Und nun war Lauriam gespannt, was man seinem aufgeregten Grinsen entnehmen konnte. Wenn seine Theorie zutreffen sollte, würde das nicht nur dieser Operation zu Hilfe kommen. Und selbst wenn nicht, zumindest jemand wie Rhord oder Miata könnte vielleicht einen Nutzen davon haben. Bei Korina war er sich nicht sicher, wie das für jemanden ist, die eigentlich Nichtmagierin ist, aber ein Dämonenstahlschwert führt.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Tobi« (21. Mai 2022, 01:54)