Miata und Siradda verschwanden in Richtung Stadt, noch ehe der Rest begann sich in Bewegung zu setzen. Die Menge an aufgebrachten Nichtmagiern vor den Toren der Stadt hat sich nicht verringert, doch sie schafften es mit etwas gequetsche und einem freundlichen Lächeln an den gegenüberliegenden Stadtwachen trotzdem durch und waren damit wieder in der Innenstadt.
"Und nun?", flüsterte sie fragend zu Siradda, wohlwissend dass da sie nun alleine herumlief es auffallen könnte, würde sie laut mit der Luft sprechen. Ihre Augenbinde war in der Hinsicht bereits genug.
"Als erstes brauchen wir etwas, womit wir später bezahlen können. Geh einfach die Straße entlang, wenn mir etwas auffällt, sag ich Bescheid." Wonach der Dämonengeist tatsächlich Ausschau hielt war tatsächlich aber nicht nur etwas, wo sie die benötigte Tauschware herbekommen könnten, sondern auch jemanden, der ihnen verriet, wo sie hingehen müssen.
Während sie die Hauptstraße entlanggingen nutzte die Dämonin den Moment, um sich zu vergewissern, ob Siradda denn an das andere Problem auch einen Gedanken verloren hat.
"Was machen wir eigentlich, wenn wir wieder überfallen werden? Ich weiß, es war mein Wunsch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Lauriam es gefallen wird, wenn er hiervon hört, nachdem was gestern geschehen war."
Eine berechtigte Sorge, doch ohne dafür bereits eine Lösung zu haben würde Siradda das hier auch nicht durchziehen.
"Wir haben im Endeffekt drei Optionen. Entweder wir laufen, kämpfen oder werden kreativ. Im letzteren Falle müssen wir alleine mit dem Angreifer sein, denn du würdest dich dann verwandeln müssen. Aufgrund des Risikos sollten wir es als letzte Option betrachten, aber in einer Leben oder Tod Situation solltest du nicht zögern." Miata machte es Sorgen das zu hören. Und das lag nicht nur an ihrer Furcht davor, dass es bekannt werden würde, zu was sie geworden ist. Ehe sie weiterflüsterte begab sie sich zur Seite, an eine Stelle, wo im Moment niemand stand. Diesen Teil wollte sie selbst wenn sie flüsterte nicht ansprechen, wenn Leute in unmittelbarer Nähe waren. Ein Tierwandler in der Menge könnte immerhin selbst ein Geflüster noch wahrnehmen, wenn er an ihr vorbeigehen würde.
"Auch wenn ich noch nie es ausprobieren durfte... wir waren uns doch einig, dass wir innerhalb von Städten auf keinen Fall diesen gefährlichen Strahl benutzen dürfen! Und ohne das bleibt mir noch ein zugegeben ziemlich stark und hart klingender Körper... aber... ich weiß nicht..."
"Darüber wollte ich tatsächlich auch noch mit dir sprechen, sobald wir dort sind, wo ich hinmöchte. Fürs erste aber: Ja, benutzen wir diesen Angriff falsch könnte das verheerende Folgen haben. Egal wo man hinschaut, es besteht immer die Möglichkeit, dass irgendeine unglückliche Seele in einem der Häuser zerfetzt werden könnte und wir können anhand einer bloßen Holzhütte, die durchlöchert wurde - und der Tatsache, dass es nicht zu sagen war wie weit der Angriff damals noch ging - auch nicht sagen wie weit er gehen würde. Uns fehlen einfach zu viele Daten... Aber für meine Idee brauchen wir das auch nicht. Alles was wir brauchen ist, dass du einen Strahl gen Himmel abschießt. Den sehen Leute und schlagen Alarm, du verwandelst dich zurück und dann wird der Angreifer entweder fliehen... oder wir müssen die, die dazu kommen davon überzeugen, dass der Angreifer es verursacht hatte." Miata grummelte. "Du scheinst ja ziemliches Vertrauen darin zu haben, dass alles so abläuft wie du es dir vorstellst..."
Ein Kommentar zu dem die Seelendämonin nur ihren Kopf schüttelte. "Einen perfekten Plan gibt es nicht und ich kann meine Idee noch so sehr ausformulieren, mein Plan könnte so oder so nicht eins zu eins umgesetzt werden. Aber wir haben somit zumindest eine grobe Idee was wir versuchen könnten, sollten die anderen Optionen nicht zur Wahl stehen. Alleine schon weil wir damit rechnen stehen wir sowieso schon besser da als gestern."
Miata dachte für einen Moment darüber nach, ehe sie ihre Antwort dazu gab, setzte sich aber auch schon wieder in Bewegung.
"Dann hoffe ich mal, dass du richtig liegst."
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Nachdem sie mit ihrem Gespräch fertig waren, sprang Zareb aus dem Fenster des Krankenhauses und nach einer abgefederten Landung - er nutzte dazu seine Magnetmagie - ging er seines Weges. Als erstes ging er in Richtung eines kleinen Wochenendmarktes und begann sich umzusehen. Er kaufte ein paar Sachen ein, nahm diese in einem Beutel mit und ging danach die Straßen entlang. Er schaute sich an den Seiten der Straßen um nach einer bestimmten Sorte an Person, schnell fündig wurde er allerdings nicht. Eine Mischung aus dem Verdacht, dass die Stadtwache wahrscheinlich daran nicht unschuldig ist, dass er nahe einer Hauptstraße nicht fündig werden konnte und weil er in der unmittelbaren Umgebung auch keine bessere Option sah, ging er auf die Suche nach belebten Seitenstraßen. Wer nicht das Geld hat auf der Hauptader der Stadt ein Geschäft zu eröffnen musste mit solchen Straßen vorlieb nehmen. Jemand anderes würde sich nun sicherlich an dem Anblick erfreuen, immerhin findet man hier nicht nur ab und an einen Geheimtipp von einem Laden, es hat auch alles etwas Persönlicheres. Zareb war das alles allerdings so ziemlich egal. Hier am Wegesrand wurde er endlich fündig. Eine zersauste, in einer schmutzigen Robe gekleidete Frau saß im Schneidersitz vor einer einem kleinen Tisch. Bedeckt von einem lila Tuch standen auf diesem eine auf einer Halterung befestigte Kugel und ein paar Karten waren aufgedeckt. Es waren aber nicht irgendwelche Karten, es waren Tarotkarten. Dies erkannte Zareb daran, dass einige davon aufgedeckt waren. Der Eremit, der Mond und aus seiner Sicht umgedreht die Hohepriesterin. Die Zeichen gelesen, bückte er sich in die Hocke zu der Frau herunter, bereits ein paar Münzen in einer Hand bereit haltend.
"Sagt geschwind, wen hat das Schicksal heut zu mir geführt?", fragte die Wahrsagerin euphorisch und so schnell wie die Frage kam, so schnell kam des Gefragten Antwort.
"Eine in der Dunkelheit des Unwissens herumirrende Seele. Ob ihr mir den Weg ins Licht weisen könnt?" Er legte zwei Silberstücke des alveheimischen Peseta auf den Tisch. Auch Alveheim besaß seine eigene Währung, wobei durch die Verbindung und wirtschaftliche Verknüpfung zum Kaiserreich deren Liye für gewöhnlich akzeptiert wurde. Zehn Bronzestücke sind so viel wert wie ein Silberstück und Hundert von diesen sind wiederum so viel wert wie ein Goldstück. Bronzemünzen waren hauptsächlich dafür da, damit Händler ein wenig flexibler bei der Preisgestaltung waren, die Grenze zum Silber gleichzeitg aber auch nur so niedrig, damit niemand mit dutzenden Bronzestücken herumlaufen muss. Bei Silber zu Gold war der Schritt größer, weil Gold für größere Transaktionen gedacht war und wer viele Silbermünzen besaß hatte wegen ihres Gewichtes in der Masse auch eher Grund dazu dieses Geld auf der Bank anzulegen, anstatt es in großen Mengen mit sich herumzuschleppen. Papierwährung kannte Alevheim noch nicht und dessen televhanischen Variante war daher auch die einzige Ausnahme, die von den meisten Händlern dieser Stadt nicht akzeptiert wurde. Das Konzept war noch relativ neu, weswegen die Wirtschaftsexperten dieses Landes zunächst noch dazu rieten die wirtschaftliche Entwicklung im Zusammenhang mit dieser Idee im Auge zu behalten.
Insgesamt war das, was der Wüstenjäger auf den Tisch legte also eine vernünftige, kleine Summe in Anbetracht der Dienste, die er für gewöhnlich hier erhalten würde. Er packte allerdings noch etwas darauf und griff in seinen Einkaufsbeutel. Ein Duftfläschchen, auf dem gewöhnlichen Markt zehn Silberstücke wert, er konnte den Preis aber mit ausreichend Charme auf sieben Silberstücke drücken!
Der eigentliche Preis war aber, sofern er keinen billigen Mist anschleppte, Nebensache. Das Persönliche war hier wichtig und wie er dem Glitzern in den Augen der Frau entnehmen konnte, hatte er einen Volltreffer gelandet. Sie brauchte einen Moment, bis sie aus dem Staunen herausgebrochen war und in ihre Rolle zurückfand.
"Ähem", räusperte die Wahrsagerin sich als erstes. "Das Licht, ich sehe den Pfad zu ihm! Doch ehe meine Kristallkugel euch den Weg weist, muss das Ritual befolgt werden!" Zareb hob eine Augenbraue.
"Muss es?", fragte er plump und bekam eine ebenso klumpe Antwort zurück. "Anweisung von oben."
Während die Frau die Karten zusammenlegte und begann zu mischen legte Zareb Daumen und Mittelfinger aufs Nasenbein und den Zeigefinger auf die Stirn, während er leicht vor Unverständnis den Kopf schüttelte.
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Rhord stimmte es freudig, dass er zumindest nicht ganz alleine sein wird, denn wie es schien würde Scarlet mitkommen. "Danke, Scarlet, ich weiß die Hilfe wirklich zu Schätzen!", bedankte er sich bei ihr und verabschiedete sich dann vom Rest, der überrumpelten Familie inklusive. Er begann den Weg zurück, dorthin wo sie hierhergefunden hatten, zu suchen. Es würde einen Moment dauern, daher wollte er die rothaarige Frau eine Frage stellen, die ihn im Zusammenhang zu dem was er mit den Bewohnern hier besprechen wollte.
"Scarlet, du hast nicht viel von dem, was im Haus geschehen ist mitbekommen, oder?", fragte er zuerst, folgte dann aber sofort mit der eigentlich wichtigen Frage: "Wenn du die Wahl hättest zwischen ein paar Leben zu nehmen, damit viele andere in Sicherheit leben könnten oder diese Leben zu verschonen, aber damit in Kauf nimmst, dass vielleicht - und halt nur vielleicht - noch mehr sterben könnten... wie würdest du dich entscheiden?" Es war keine leichte Frage, dachte sich der Erddämon und er war sich im Klaren, dass die geistliche Gesundheit der Gefragten nicht die Beste ist. Aber gerade deswegen fragte er sich, wie die Sicht von jemand wie ihr auf eine Problematik wie diese ist. Er hielt daran fest lernen zu müssen, um mehr zu verstehen und vielleicht kann jemand so eigenes wie die rothaarige Angeborene ihm ja auf ihre Art helfen.
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Vada schien eine Vorstellung davon zu haben wie ihr nächstes Aufeinandertreffen mit Braig ablaufen würde - einen Ablauf, an den Lauriam glauben konnte - und auch seine Schlussfolgerung war wohl die richtige.
"Ich komme nicht drum herum zu gestehen, dass dieses Gespräch bisher sehr ergiebig war, doch ich möchte eine Sache klarstellen: Das was du anbietest ist kein Feen-Pakt, richtig? Mir ist unteranderem durch eine mir erst gestern bekannt gewordene Geschichte in Erinnerung gerufen worden, dass es unsererseits schnell und unbemerkt geschehen kann, dass ein solcher geformt wird." Noch haben sie in keinerlei Form eine Einwilligung gegeben, diese Vergewisserung sollte aber auch egal wie Ashuras Antwort sein wird eine Warnung an Vada sein: Streck bei einer Verhandlung mit einer Fee nicht leichtsinnig deine Hand aus und gebe kein Einverständnis, bis alle Details, die Konsequenzen bei Vertragsbruch inklusive, geklärt sind. Die genauen Mechanismen sind Lauriam auch nicht bekannt, aber er weiß sehr wohl, dass das hier nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf, wenn man sich langfristig die Optionen offen lassen möchte.
Ashura schmunzelte jedenfalls als er Lauriams Worte hörte, seine Antwort gab er dann auch für seine Verhältnisse locker: "Ich kann es nicht verneinen, dass es leichter für mich wäre, wäret ihr beide unwissend darüber. Aber ich möchte es unkompliziert halten: Dies ist kein magischer Feen-Pakt. Es stehen kein Name, Wille oder sonst was, was dem seelischen Eigentum zu gehört, vor dem Risiko ihren Besitzer zu wechseln. Wäre dies doch einer, dann werde ich sofort und ohne weitere Verzögerung den ewigen Schlaf antreten!" Lauriam erkannte an der Wortwahl, dass Ashuras es ernst meinte.
"Diese Worte hätten nun auf einen Feen-Pakt Wirkung. Selbst wenn du uns austricksen würdest - wie auch immer du das anstellen würdest - du wärest sofort erledigt... auch Feen entkommen dem Bruch ihrer eigenen Verträge nicht straffrei, wenn sie eine Strafe für sich einbauen..." Und wo keine Fee, da ist auch niemand mehr, der irgendwas eintreiben könnte. "Dann wäre zumindest das geklärt..." Kein magischer, ihnen über Ecke Unheil bringender Vertrag mit einem gefährlichen Teufel dürfte auch in Vadas Interesse stehen, so dachte sich Lauriam, als er zu ihm schaut, um ihm das zu mitzuteilen.
"Dem ist so und damit komme ich nun an eine Frage an euch. Und mit "euch" meine ich hauptsächlich dich, Vada. Als Repräsentant deines Arbeitgebers, was hältst du von meinem Angebot? Das einzige worum ich um Gegenleistung bitte - und was ich als Bedingung sehe, damit auch mein zweites Angebot auf Dauer wirksam bleibt - wäre, dass ihr, dein Arbeitgeber inklusive, mich in Ruhe lasst bis Braig seinen letzten Atemzug getan hat." Hilfe dabei ihre Probleme in der Stadt lösen zu können und in Zukunft keine weiteren Störaktionen von denen, die sonst noch im Bunde mit diesem Teufel sind, sowohl direkt als auch indirekt und das für einen solchen Preis.
Der Spezialagent hielt seinen Mund, Vadas Antwort wäre noch nicht verbindlich, insbesondere deswegen, weil er das Risiko einer Falle entschärft hat. Wie wohl Vada antworten würde, fragte sich Lauriam.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Tobi« (25. Januar 2022, 22:57)